Prinz Heinrich
bittet König
Georg, auf
Frankreich
und Russland
einzuwirken,
und beteuert
die friedlichen
Absichten
Deutschlands.
282 30. Juli
Prinz Heinrich von Preussen an den König von England.
Neuausgabe des Weissbuches, Abschnitt 5. 1.')
Bin seit gestern hier, habe das, was Du mir so freund-
lich in Buckingham Palace am vorigen Sonntag gesagt, Wil-
helm mitgeteilt, der Deine Botschaft dankbar entgegennahm.
Wilhelm, der sehr besorgt ist, tut Sein Aeusser-
stes, um der Bitte Nikolaus’ nachzukommen,
für die Erhaltung des Friedens zu arbeiten.
Er steht in dauerndem telegraphischem Verkehr mit Nikolaus,
der heute die Nachricht bestätigt, dasser militärische
Massnahmen angeordnet hat, welche einer
Mobilmachung gleichkommen, und dass diese
Massnahmen schon vor 5 Tagen getroffen
wurden.
Ausserdem erhalten wir Nachrichten, dass Frank-
reich militärische Vorbereitungen trifft,
während wir keinerlei Massnahmen verfügt haben, wozu wir
indessen jeden Augenblick gezwungen sein könnten, wenn
unsere Nachbarn damit fortfahren. Das würde dann
einen europäischen Krieg bedeuten.
Wenn Du wirklich und aufrichtig wünschest,
dieses furchtbare Unglück zu verhindern, darf ich Dir dann
vorschlagen, Deinen EinflussaufFrrankreichund
Wilhelm Levison in einem Artikel der Kölnischen Zeitung vom 22. Ja-
nuar 1915 (Nr. 78), der später mit anderen kritischen Betrachtungen
in einer sehr lesenswerten Broschüre, « Randglossen zum Französischen
Gelbbuch», Berlin, Concordia, Deutsche Verlagsanstalt, 1915 erschie-
nen ist, den Nachweis, dass es sich hier um eine Fälschung handelt.
Dr. Helfferich schreibt S. 4, Anmerkung, seines Buches: «Durch die
Datierung dieser Note vom 30. Juli soll der Eindruck erweckt werden,
als ob damals und bereits in den Tagen vorher die deutschen Truppen
schon hart an der Grenze gestanden und durch Patrouillen die Grenze
sogar überschritten hätten. Die Notiz beginnt im Wortlaut der dritten
Ausgabe des Blaubuches: «<L’armee allemande a ses avant-postes sur
nos bornes-frontieres, hier par deux fois des patrouilles allemandes
ont pEnetre& sur notre territoire» (die deutsche Armee hat ihre Vor-
posten an unserer Grenze, gestern sind deutsche Patrouillen in unser
Gebiet eingedrungen). «Gestern» heisst in einer am 30. Juli über-
reichten Notiz natürlich der 29. Juli. Der 29. Juli war ein Mittwoch.
In dem ersten Druck des Blaubuchs hiess es aber «hier, vendredi >
(gestern, Freitag); der vendredi ist erst später, als man die Unstimmig-
keit bemerkte, gestrichen worden. Hieraus ergibt sich, dass die an-
geblich am 30. Juli überreichte Notiz überhaupt erst am Sonnabend,
l. August, verfasst sein kann, ganz abgesehen davon, dass weder am
29. noch am 31. Juli eine Grenzüberschreitung stattgefunden hat. >
Neuausg. des Wb., Abschn. 5. I. !) Zuerst in der Nordd. Allg.
Ztg. vom 21. August 1914 veröffentlicht.