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Anschütz'), Arndt®) und ihnen folgend auch das RG.
in vielen Entscheidungen (z. B. RG. v. 21. Mai 1915 IV
223/15; v. 13. Sept. 1915 V 365/15, vgl. bayer. OLG. v.
18. Nov. 1915 Nr. 291/15; DJZ. 1916, S. 143f.) geben
den Militärbefeblshabern nicht nur das Recht praeter
legem vorgeben zu können, sondern selbst "eine be-
schränkte Gesetzgebungsgewalt. Sie können danach durch
ihre Anordnungen ausdrücklich oder stillschweigend be-
stehende Reichs- wie Landesgesetze für die Dauer des
Kriegszustandes aufheben oder abändern, wenn sie dies
im Interesse der öffentlichen Sicherheit für erforderlich
erachten,
Zur Begründung sagt diese Auffassung, dab eine
Befugnis, wie sie die Militärbefehlshaber nach der gegen-
teiligen, hier vertretenen Auffassung haben, einer aus-
drücklichen Anerkennung nicht bedurft hätte, da sie schon
in der vollziehenden Gewalt, insbesondere der Polizei-
gewalt enthalten sei.
Die Unrichtigkeit dieser Behauptung ergibt sich aus
dem oben Gesagten, daß der $ 9b BZG. dem Militär-
befehlshaber gerade eine weit über die Polizeigewalt
hinausgehende Macht verleiht, indem er nunmehr An-
ordnungen aller Art, des bürgerlichen wie öffentlichen
Lebens, treffen kann.
Außerdem spricht aber vieles gegen diese Auf-
fassung.
Eine solche extensive Gesetzesauslegung würde der
Rechtsunsicherheit Tür und Tor öffnen und so der Sicher-
heit und Erhaltung des Reiches und der Einzelstaaten —
1) Deutsch. Staatsrecht S. 485.
2) PrVBl. Bd. 36, 8. 635.