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besondere aber für das Verhältnis von Justiz und Verwaltung
ist eine Unterscheidung von größter Bedeutung. Den durch die
Rechtsordnung verschiedentlich verpflichteten und berechtig-
ten Rechtssubjekten steht der Staat in seinen Zivil- und Straf-
gerichten mit der durch die Rechtsordnung statuierten Rechts-
pflicht gegenüber: bei einer vorkommenden Pflichtverletzung
der Untertanen diese festzustellen, um so die Voraussetzung
für die Realisierung der Unrechtsfolge zu schaffen. Faßt man
speziell das dem Verwaltungsrecht naheliegende Zivilrecht ins
Auge, so gestaltet sich der Ablauf des Rechtsapparates, sche-
matisch dargestellt, folgendermaßen: Zuerst das Rechtsge-
schäft der Parteien — ein Tatbestand, an den die Rechtsord-
nung Pflichten und Rechte knüpft; dann Pflichtverletzung sei-
tens einer der Kontrahenten, bestritten oder nicht; hierauf
Anrufung des Staates. Schließlich Urteil des Staates. Ganz
anders auf dem Gebiete der Verwaltung. Hier ist regelmäßig
schon der erste Akt eine Tätigkeitsäußerung des Staates; z.B.
es wird eine Eisenbahnkonzession erteilt, ein Gebot der Ge-
werbebehörde betreffs Anbringung einer Sicherungsvorkehrung
in einem gefährlichen Betrieb erlassen, eine Schankkonzession
wegen nachträglich zutagetretender Umstände entzogen usw.
Der für die Rechtsprechung wesentliche, das Urteil der Zivil-
und Strafgerichte stets charakterisierende Tatbestand der
Feststellung einer Pflichtverletzung ist hier — in
der 1. Instanz des Verwaltungsverfahrens zumindest — regel-
mäßig nicht gegeben. Vielmehr bedeutet der Verwaltungsakt
neben der damit beabsichtigten Pflichterfüllung einen Tat-
bestand, an den die Rechtsordnung weitere Rechtsfolgen:
Pflichten und Rechte des Staates wie der Partei geknüpft hat.
Dieser Verwaltungsakt ist demnach nicht dem Urteil, sondern
dem Rechtsgeschäft innerhalb des zivilen Rechtes und Pro-
zesses analog. Anders, wenn durch den Verwaltungsakt das