5. Die gesetzliche Vormundschaft wird in der Regel bis
zur Volljährigkeit fortgeführt. Der Pflegamtsvorstand
kann jedoch jederzeit beim Amtsgerichte beantragen, daß
für einen an sich von ihm zu bevormundenden oder von
ihm bisher bevormundeten Minderjährigen ein anderer
Vormund an seiner Statt bestellt werde.
6. Endigt eine gesetzliche Vormundschaft, ohne daß der
Grund der vormundschaftlichen Fürsorge wegfälle, so
hat der gesetzliche Vormund dem Vormundschaftsgerichte
dies so zeitig anzuzeigen, daß vor der Beendigung mit
der Bestellung eines Vormundes verfahren werden kann.
7. Soweit der Pflegamtsvorstand als gesetzlicher Vormund
auf Grund von § 832 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in
Anspruch genommen wird, ist die Stadtgemeinde ver-
pflichtet, ihn zu vertreten.
Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn der Ofleg-
amtsvorstand vorsählich oder fahrlässig die ihm als ge-
setzlichem Bormund obliegende Aufsichtspflicht verletzt hat.
Leipzig, am 30. Dezember 1914.
Der Nat der Stadt Leipzig.
Dr. Dittrich.
Dr. Müller.
II. Waisenpflege.
Diestädtische Waisenpflege versorge die sogenannten Waisen-
kinder, d. h. diejenigen ehelichen und unehelichen Kinder, deren
Unterhalt aus öffentlichen Mitteln bestritten wird, gleichviel ob
ie Eltern noch leben oder nicht.
Zur vorläufigen Unterbringung der Waisenkinder dienen
das städtische Waisenhaus und für Kinder unter 2 Jahren das
inderheim L.-Connewig.
Zur dauernden Anterbringung kommen die Kinder entweder
zn die unten genannten Anstalten oder vornehmlich in Familien,
und zwar zum Teil in der Stadt Leipzig selbst in besonders
ausgewählte und fortlaufend beaufsichtigte flegestellen, zum
enderen Teil in die über den nordwestlichen Teil des König-
reichs Sachsen verteilten 18 Waisenkolonien. Diese Kolonien
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