Full text: Staatsbürgerliche Belehrungen in der Kriegszeit. Band 1. (1)

armten Angehörigen zu sorgen verbunden sind, so können 
sie doch von den Armenverbänden zur Erfüllung der ihnen 
diesfalls obliegenden moralischen Verpflichtung auf eine an— 
gemessene Weise aufgefordert werden.“ 
a) der Verwandten. 
Als Grundsatz hat das Bürgerliche Gesetzbuch in 8 1601 
die Bestimmung aufgestellt, daß Verwandte in gerader Oinie 
verpflichtet sind, einander Unterhalt zu gewähren. 
Die Unterhaltspflicht dehnt sich nicht wie das Erbrecht 
auch auf die entferntesten Seitenlinien aus, sondern erstreckt 
sich nur auf solche Angehörige, die in gerader Linie miteinander 
verwandt sind, also voneinander abstammen, z. B. Kinder, Enkel, 
Lrenkel, sowie Eltern, Großeltern und Urgroßeltern. 
Geschwister sind, weil sie nur von denselben Personen, 
aber nicht voneinander abstammen, bloß in der Seitenlinie ver- 
wandt, also zwar sittlich, aber nicht gesetzlich verpflichtet, einander 
Lnterhalt zu gewähren; ebensowenig weitere Verwandte oder 
Verschwägerte. Auch Stiefverwandte, die nach dem BG#. 
(§ 1590) als Verschwägerte zu gelten haben, sind nicht ver- 
pflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Stiefeltern brauchen 
also, wenn sie wohl auch sittlich dazu verpflichtet sein können, 
Stiefkinder und umgekehrt diese nicht jene zu unterstützen. 
Das Rechce, von seinen verpflichteten Verwandten Unter- 
halt zu verlangen, steht nach § 1602 nur demjenigen zu, welcher 
„außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.“ Wer weder 
eigenes Vermögen noch Einkünfte hat und auch durch Arbeit 
seinen Unterhalt nicht erwerben kann, kann also von seinen An- 
gehörigen, mit denen er in gerader inie verwandt ist, Unter- 
halt fordern. Solange er aber noch Vermögen besitzt, hat er 
diesen Anspruch nicht. 
Nur ein minderjähriges, unverheiratetes Kind kann von 
seinen Eltern, auch wenn es Vermögen hat, die Gewährung 
des Anterhalts insoweit verlangen, als die Einkünfte seines 
Vermögens und der Ertrag seiner Arbeit zum Unterhalt nicht 
ausreichen. Die Eltern können zwar die Zinsen des Kindes- 
vermögens und den Ertrag seiner Arbeit für den Unterhalt 
verwenden, aber das Kind braucht sich nicht gefallen zu lassen, 
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