Full text: Allgemeines Staatsrecht.

Gesandtschaften. Reichskonsulate. 417 
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staat abgebrochen hat, auch ein Gliedstaat solche Beziehungen nicht 
mehr aufrecht erhalten kann. Das wäre bundeswidrig. 
Im übrigen haben die Einzelstaaten das aktive und passive 
Gesandtschaftsrecht nicht nur gegenüber den Auslandstaaten, mit 
denen das Reich keine diplomatischen Beziehungen unterhält, sondern 
es hindert sie nichts, neben einer Reichsgesandtschaft eine Landes- 
gesandtschaft zu errichten. Preußen allerdings hat — mit Aus- 
nahme des Vatikans — wegen der Personenidentität des Königs 
und Kaisers keine Landesgesandte, es sei denn an deutschen 
Fürstenhöfen. 
Preußen zahlt übrigens dafür, daß die Reichsgesandtschaften 
zugleich die besonderen Preuß. Landesangelegenheiten besorgen, dem 
Reich einen Jahreszuschuß von 90000 Mk. Da. wo allein eine 
Reichsgesandtschaft besteht, hat diese neben den Reichsinteressen zu- 
gleich diejenigen der Einzelstaaten wahrzunehmen; eine Teilung 
tritt erst beim Nebeneinanderbestehen einer Landes= und Reichs- 
gesandtschaft ein. 
Einer Landesgesandtschaft könnte auch von einem anderen 
Bundesstaat die Vertretung seiner Interessen anvertraut werden. 
Unbedingt in den Geschäftskreis der Reichsgesandt- 
schaften fallen diejenigen Angelegenheiten, welche auf Grund der 
Verfassung (Art. 4) oder sonstiger Gesetze gemeinschaftliche 
sind, also die auswärtige Politik, Handels-, Schiffahrtssachen, inter- 
nationale Militär-, Marine-, Post-, Telegraphen-, Maß-, Münz-, 
Gewichtsangelegenheiten, Auswanderungssachen 2c. 2c. 
Die zunächst vorgesetzte Behörde der Reichsgesandtschaften ist 
der Reichskanzler; die oberste und vom Bundesrat ganz unab- 
hängige Leitung der gesamten Reichsdiplomatie, die Ernennung und 
Abberufung der Gesandten steht dem Kaiser zu. Seine Befehle 
sind in allen wichtigen Fragen vom Reichskanzler einzuholen, seine 
Genehmigung ist zur Anstellung des gesamten Personals erforderlich. 
B. Reichskonsulate. 
Das gesamte Konsulatswesen des Deutschen Reiches steht unter 
der Aufsicht des Kaisers, welcher die Konsuln (d. h. Vorsteher eines 
eneralkonsulates, Konsulates oder Vizekonsulates) nach Vernehmung 
des Ausschusses des Bundesrates für Handel und Verkehr anstellt. 
Das Recht, Konsuln zu bestellen, ist ausschließlich Reichs- 
sache, Art. 56 V. Es gibt demnach vielleicht Gesandte, aber 
Bender-Gebhardt, Deutsches Staatsrecht. 9. Aufl. 27
	        
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