Die deutschen Schutzgebiete. 483
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barkeit vom 7. April 1900 und die für jedes Schutzgebiet er-
lassenen Kaiserlichen Verordnungen. Die Sitze und Bezirke der
Gerichte erster Instanz bestimmt der Reichskanzler. An Stelle
des Konsuls fungiert ein vom Reichskanzler zur Ausübung der
Gerichtsbarkeit ermächtigter Beamter.
In jedem der fünf Schutzgebiete besteht als zweite Instanz
ein Berufungsgericht am Sitze des Gouverneurs, welches aus dem
vom Reichskanzler ermächtigten Beamten und vier Beisitzern besteht.
Für jedes Schutzgebiet ist seit 1897 eine Staatsanwaltschaft
errichtet worden.
In einem etwaigen Verwaltungsstreitverfahren entscheidet der
Bundesrat erst= und letztinstanzlich.
2. Die Gerichte über die Farbigen sind in den einzelnen Ge-
bieten durch Verordnungen der Gouverneure geregelt. Entweder
urteilen Häuptlinge allein oder Eingeborenengerichte.
IX. Finanzwesen.
1. Der Kaiser ist bei Erlaß von Zoll= und Steuerverord-
nungen, Festsetzung von Gebühren, sowie bei Bestimmung der Aus-
gaben für die Verwaltung an die Mitwirkung von Bundesrat und
Reichstag nicht gebunden. ·
2. Jedes Schutzgebiet hat seine eigene, von der der anderen
Schutzgebiete wie von der des Reiches getrennte Finanzwirtschaft.
Das Reich trägt die Kosten der Oberleitung und Zentralverwaltung
(Kolonialabteilung), die Einnahmen und Ausgaben der örtlichen
Verwaltung gehören zur Finanzwirtschaft der einzelnen Schutzgebiete.
Für jedes Schutzgebiet wird alljährlich ein besonderer Etat durch
Reichs-Gesetz festgestellt. Bezüglich dieser Etats gelten die allge—
meinen für den Reichshaushaltsetat maßgebenden Bestimmungen
(Rechnungslegung 2c.)
Nur die Zentralverwaltung (Kolonialabteilung) erfolgt auf
Kosten des Reichs.
Für die aus der Verwaltung eines Schutzgebietes entstehenden
Verbindlichkeiten haftet nicht das Reich, sondern nur das Vermögen
dieses Gebietes.
X. Militärwesen. Für Ostafrika, Südwestafrika und
Kamerun sind Schutztruppen errichtet. (Schutztruppengesetz vom
18. Juli 1896.) Oberster Kriegsherr ist der Kaiser. Im Gebiet
hat der Gouverneur die oberste militärische Gewalt, unter ihm
Kommandeure.
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