Full text: Die Ministerverantwortlichkeit und der Staatsgerichtshof im Königreich Sachsen.

Verantwortlichkeitsgesetz der Deutschen Nationalversammlung von 1848. 25 
Das ausführlichste Gesetz über den Staatsgerichtshof ist die Verfassung vom 
4. November 1848. Eine haute cour de justice verhandelt und entscheidet die 
von der assemblée nationale an sie gebrachten Anklagen gegen den Präsidenten 
und die Minister. Sie sind für alle Regierungs- und Verwaltungsakte ver- 
antwortlich. « 
JedeMaßregel,durchwelchederPräsidentderRepublikdieNationalver- 
sammlung auflöst, prorogirt oder an der Erfüllung ihres Mandates hindert, ist 
ein Verbrechen des Hochverrathes, durch welches er ipso jure seiner Funktionen 
verlustig ist und die Staatsbürger des Gehorsams gegen ihn entbunden sind, die 
Exekutivgewalt aber unmittelbar in die Hände der Nationalversammlung über— 
geht. In diesem Falle versammeln sich die Mitglieder des Staatsgerichtshofes 
ohne ausdrückliche Berufung. Sonst versammelt sich dieser Gerichtshof nur auf 
ausdrückliches Dekret der Nationalversammlung. Er besteht aus 5 Richtern und 
36 Geschworenen. Die Organisation und die Wahl derselben sind in der Ver— 
fassung genau vorgeschrieben. Das ministerc public wird vom Präsidenten der 
Republik, im Fall aber, wo er selbst oder die Minister angeklagt sind, von der 
Nationalversammlung gewählt. 
Die von Louis Napoleon ertheilte Verfassung erklärt im Art. 5.: 
Le président de la republique est responsable devant le peuple français, 
auqduel il a toujours le droit de faire appel. Der Art. 54 setzte ebenfalls eine 
haute cour de justice ein, vor der alle Personen, die sich eines Vergehens, 
Attentates oder Complottes gegen den Präsidenten der Republik und gegen die 
innere oder äußere Sicherheit des Staates schuldig gemacht, sich zu verantworten 
haben. 
8. 46. 
Verantwortlichkeitsgesetz der Deutschen Nationalversammlung vom 
Jahre 1848. 
Der Deutschen Nationalversammlung wurde im Jahre 1848 der Entwurf 
eines Gesetzes, die Verantwortlichkeit der Reichsminister betreffend, vorgelegt und 
einem Ausschusse zur Prüfung und Begutachtung überwiesen. · 
Der schriftliche Bericht dazu ist von Mittermaier, der Mitglied dieses 
Ausschusses war, verfertigt und abgedruckt in den Verhandlungen der deutschen 
verfassungsgebenden Reichsversammlung zu Frankfurt a./M. II. B. Frank- 
furt a./M. Wilmann's Buchhandlung 1849. 
Die hauptsächlichsten Bestimmungen jenes Entwurfes sind: 
Jede Anordnung des Reichsverwesers bedarf zu ihrer Giltigkeit der Gegen- 
zeichnung eines seiner Minister und zwar zunächst desjenigen, in dessen Geschäfts- 
kreis der Gegenstand gehört. 
Jeder Minister übernimmt durch seine Unterschrift die Verantwortlichkeit für 
ihren Inhalt.
	        
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