Full text: Die Ministerverantwortlichkeit und der Staatsgerichtshof im Königreich Sachsen.

26 Verantwortlichkeitsgesetz der Deutschen Nationalversammlung von 1848. 
Die Anklage eines Ministers kann erhoben werden wegen jeder von ihm 
verübten Handlung oder ihm zur Last fallenden Unterlassung, welche die Sicherheit 
oder Wohlfahrt des deutschen Bundesstaates gefährdet. 
Darnach kann die Anklage erhoben werden: 
J. 
9 
E 
10. 
Wegen eines von dem Minister verübten Hoch- oder Landesverraths. 
Wegen Ertheilung von Instructionen oder Befehlen, deren Nach— 
theile für die Wohlfahrt oder Sicherheit Deutschlands der Minister- 
kannte oder bei gehöriger Aufmerksamkeit kennen konnte. 
Wegen des Vollzugs von Befehlen des Reichsverwesers, welche gesetz- 
widrig oder den Interessen Deutschlands nachthetlig sind. 
Wegen Unterlassung der Verkündung oder Vollziehung eines der 
Centralgewalt zur Vollziehung zugewiesenen Beschlusses der National- 
versammlung. Stehen einem Beschlusse erhebliche Einwendungen 
entgegen, so hat das Ministerium binnen 8 Tagen, vom Tage des 
Empfangs des Beschlusses an, dieselben der Nationalversammlung 
vorzulegen und den hierauf gefaßten Beschluß der Nationalversamm- 
lung unverzüglich zu vollziehen. Wegen Unterlassung der Verkün- 
dung oder Vollziehung eines Beschlusses haften sämmtliche Minister 
des Reichverwesers. 
. Wegen Vereitlung des Beschlusses durch die Art der Vollziehung. 
Wegen vorsätzlicher Verletzung der verfassungsmäßigen Rechte eines 
deutschen Bürgers. 
.Wegen jedes auf Aufhebung oder Beschränkung der Rechte der 
Nationalversammlung gerichteten Unternehmens. 
Wegen Annahme oder Bereiterklärung zur Annahme von Geschenken 
oder anderer Vortheile für die Vornahme oder Unterlassung einer 
Amtshandlung. 
Wegen Benutzung der Amtsgewalt oder Drohung mit derselben, um 
sich Vortheile zu verschaffen oder wegen unbefugter Beischaffung von 
Geldern oder Geldeswerths zu öffentlichen Zwecken. 
Wegen unrechtlicher Verwendung amtlich zu seiner Verfügung gestell- 
ten Gelder oder wegen anderer Arten der Veruntreuung in Be- 
ziehung auf öffentliche Gelder. 
Die Strafverfolgung für Verbrechen, welche von einem Minister nur als 
Privatperson verübt werden, findet in den gewöhnlichen Formen vor den zu- 
ständigen Strafgerichten statt. Die Klage des Beschädigten ist vor den ordent- 
lichen Gerichten anzustellen. Der Antrag auf Anklage des Ministers wird in 
der Nationalversammlung schriftlich mit genauer Bezeichnung der Thatsachen, auf 
welche der Antrag gestützt wird, und die Pflichtverletzung, welche Gegenstand der 
Anklage ist, 
erhoben und muß wenigstens von 25 Mitgliedern der Nationalver= 
sammlung unterzeichnet sein. . . 
Der Präsident setzt innerhalb 3 Tagen, nachdem der Antrag eingereicht wor- 
den ist, denselben auf die Tagesordnung.
	        
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