Full text: Die Ministerverantwortlichkeit und der Staatsgerichtshof im Königreich Sachsen.

Die Ministerverantwortlichkeit in Baden. 35 
Von der erfolgten Entscheidung wird der Kammer Nachricht ertheilt, und 
die vollständigen Verhandlungen werden mit dem Urtheile und den Entschei- 
dungsgründen jedesmal vom Oberhofgericht durch den Druck bekannt ge- 
macht. 
Außer der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist kein Rechtsmittel 
zulässig. 
Die Grade der Ahndung bestimmen sich nach der Größe und dem Umfange 
des zugefügten Schadens und den gesetzlichen Regeln der Zurechnung. Die 
Ahndungen selbst bestehen in Verweisen, Suspension, Entfernung vom Amt 
mit oder ohne Pension, mit oder ohne Vorbehalt der Wiederanstellung, endlich 
in Dienstentsetzung. Wenn die Verletzung der Verfassung oder der verfassungs- 
mäßigen Rechte in ein anderes bestimmtes Verbrechen übergeht, so bleibt das 
gerichtliche Verfahren und die gesetzlichen Strafen sowie in allen Fällen der 
Schadenersatz vorbehalten. 
Das Recht der Begnadigung ist dem Landesherrn unbenommen; doch darf 
derselbe dieses Recht niemals dahin ausdehnen, daß ein in Gefolg derartiger 
Anklage zur Entfernung vom Amt verurtheilter Staatsdiener in seiner bisherigen 
Stelle gelassen, oder daß derselbe in einem anderen Justiz= oder administrativen 
Amte angestellt werde, es wäre denn, daß in Rücksicht auf Wiederanstellung 
das gerichtliche Erkenntniß einen ausdrücklichen, dem Verurtheilten günstigen 
Vorbehalt enthielte. 
Die zweite Kammer hat das Recht, die Minister und Mitglieder der obersten 
Staatsbehörde wegen einer durch Handlungen oder Unterlassungen wissentlich 
oder aus grober Fahrlässigkeit begangenen Verletzung der Verfassung oder aner- 
kannt verfassungsmäßiger Rechte, oder schweren Gefährdung der Sicherheit oder 
Wohlfahrt des Staates förmlich anzuklagen. 
Ein solcher Beschluß erfordert die in den §. 64. — eine Mehrheit von Zwei 
Dritteln der anwesenden Ständemitgliedern einer jeden der beiden Kammern — 
und §. 74. — absolute Stimmenmehrheit bei vollzähliger Versammlung — für 
Verfassungsänderungen vorgeschriebene Stimmenzahl; die Zurücknahme desselben 
kann mit einfacher Stimmenmehrheit geschehen. 
Das Anklagerecht der Zweiten Kammer wird durch die Entfernung des An- 
geklagten vom Dienste, mag sie vor oder nach erhobener Anklage erfolgen, nicht 
aufgehoben. 
Im Falle der Verurtheilung ist die Entlassung aus dem Staatsdienste zu 
erkennen. 
Diese Folge der Verurtheilung kann nur auf Antrag oder mit Zustimmung 
der Stände wieder aufgehoben werden. 
Ueber etwaige Entschädigungsforderungen steht dem Staatsgerichtshof keine 
Entscheidung zu. 
Das Richteramt über die im vorigen Paragraphen erwähnte Anklage übt 
die Erste Kammer als Staatsgerichtshof in Verbindung mit dem Präsidenten 
des obersten Gerichtshofes und acht weiteren Richtern aus, welche aus den Kol- 
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