Die Ministerverantwortlichkeit in Baden. 37
sein und die Thatsachen bestimmt angeben, auf welche die Anklage gebaut
werden soll. · «
Wird von der Kammer beschlossen, den Antrag in Betracht zu ziehen, so ist
eine Kommission von wenigstens sieben Mitgliedern zu wählen.
Diese ist berechtigt, zur Erhebung des Thatbestandes die Mittheilung der-
jenigen Akten zu verlangen, welche über die der behaupteten Verschuldung zu
Grunde liegenden Thatsachen Auskunft geben.
Sollten anderweite Erhebungen durch vorläufige Einvernahme dritter Per-
sonen nöthig fallen, so hat auf Antrag des einen oder anderen Theils der Vor-
stand des Kreisgerichts der Residenz den Untersuchungsrichter oder ein anderes
Mitglied des Kollegiums damit zu beauftragen. Die Mitglieder der Kommission
der zweiten Kammer und der Beschuldigte können der Einvernahme anwohnen.
Der Beschuldigte wird, wenn er auch nicht mehr Mitglied der obersten Staats-
behörde ist, gleich den Regierungskommissaren, in die Sitzung der Kommission
eingeladen.
Es steht ihm die Einsicht aller der Kommission vorliegenden Aktenstücke frei,
und er muß mit seinen mündlichen oder schriftlichen Bemerkungen und Anträgen
gehört werden.
Falls die Kommission in ihrem Berichte die Erhebung einer Anklage bean-
tragt, hat sie den Entwurf einer solchen dem Berichte beizulegen.
Die Berichterstattung und Verhandlung in der zweiten Kammer darf nicht
in abgekürzter Form, und die Verhandlung nicht früher als acht Tage nach der
Zustellung des Berichtes an den Beschuldigten stattfinden. Dieser muß in der
Sitzung nach den für die Regierungskommissare geltenden Vorschriften gehört
werden.
Wird die Erhebung einer Anklage beschlossen, so wählt die Kammer zur
Vertretung derselben vor dem Gerichtshofe aus ihrer Mitte drei Kommissare und
benachrichtigt die Erste Kammer von dem Beschlusse und von dem Ergebnisse
der Wahl.
Die Ausfertigung der beschlossenen Anklage wird dem Präsidenten Ver ersten
Kammer mitgetheilt. Gleichzeitig theilt die zweite Kammer Abschriften der an
die erste Kammer abgehenden Aktenstücke der obersten Staatsbehörde mit.
Ueberläßt der Präsident der ersten Kammer den Vorsitz im Staatsgerichts-
hofe dem Präsidenten des obersten Gerichtshofes, als seinem Stellvertreter, so
übersendet er diesem sofort die sämmtlichen von der zweiten Kammer an die erste
gelangten Aktenstücke.
Der Staatsgerichtshof wird in folgender Weise gebildet: Außer den Mit-
gliedern der ersten Kammer und dem Präsidenten des obersten Gerichtshofes sind
zur Bildung des Staatsgerichtshofes aus dem Richterstande berufen: die übrigen
Mitglieder des obersten Gerichtshofes, die Präsidenten und Direktoren der Kreis-
und Hofgerichte und die Direktoren der Kreisgerichte.
Nach Ueberreichung der Anklage sind zwei Listen anzufertigen. In die eine
derselben werden die an dem betreffenden Landtage Theil nehmenden Mitglieder