Full text: Die Ministerverantwortlichkeit und der Staatsgerichtshof im Königreich Sachsen.

Die Ministerverantwortlichkeit in Württemberg. 51 
Anklage und Vertheidigung geschieht öffentlich. Die Protokolle werden mit 
den Abstimmungen und Beschlüssen durch den Druck bekannt gemacht. 1 
Wenn es erforderlich ist, Inquirenten zu bestellen, so wählt der Gerichtshof 
dieselben aus den Räthen der Kriminalgerichte. 
Der Untersuchung hat jedesmal ein Königliches und ein ständisches Mitgued 
des Gerichtshofes anzuwohnen. 
Es werden jedesmal zwei Referenten bestellt. Ist der erste Referent ein 
Königlicher Richter, so muß der Korreferent ein ständischer sein, und umgekehrt. 
Bei jedem Beschlusse muß eine gleiche Anzahl von Königlichen und ständi— 
schen Richtern anwesend sein. 
Sollte durch Zufall eine Ungleichheit der Zahl eintreten, die durch ander— 
weitige Ernennung oder Eintritt nicht gehoben werden könnte, so tritt der Jüngste 
von der überzählenden Seite aus; doch darf die Zahl der Richter nie unter 
zehn sein. 
Im Verhinderungsfalle vertritt die Stelle des Präsidenten der erste König- 
liche Richter. Dem Präsidenten steht keine Stimme zu; im Falle der Stimmen- 
gleichheit entscheidet die für den Angeklagten günstigere Meinung. 
Die Strafbefugniß des Gerichtshofes erstreckt sich nur auf Verweise und 
Geldstrafen, auf Suspension und Entfernung vom Amte, auf zeitliche oder immer- 
währende Ausschließung von der Landstandschaft. 
Wenn dieses Gericht die höchste in seiner Kompetenz liegende Strafe erkannt 
hat, ohne eine weitere ausdrücklich auszuschließen, so bleibt den ordentlichen 
Gerichten vorbehalten, gegen den Verurtheilten ein weiteres Verfahren von 
Amtswegen eintreten zu lassen. 1 
Gegen den Ausspruch des Staatsgerichtshofes findet keine Appellation statt, 
sondern nur das Rechtsmittel der Revision und der Wiedereinsetzung in den 
vorigen Stand. 
Der König wird nicht nur die Untersuchung niemals hemmen, sondern auch 
das ihm zustehende Begnadigungsrecht nie dahin ausdehnen, daß ein von diesem 
Gerichte in die Entfernung vom Amte verurtheilter Staatsdiener in seiner bis- 
herigen Stelle gelassen, oder daß derselbe in einem anderen Justiz= oder Staats- 
verwaltungsamte angestellt würde, es wäre denn, daß in Rücksicht auf Wieder- 
anstellung das gerichtliche Erkenntniß einen ausdrücklichen Vorbehalt zu Gunsten 
des Verurtheilten enthielte. ' 
Der Württembergische Staatsgerichtshof war nur einmal in Thätigkeit, als 
die Landesversammlung den Minister v. Wächter wegen des Beitritts Württem- 
bergs zum sogenannten Drei-Königsbündniß in Anklagestand versetzte, wobei 
jedoch der Minister freigesprochen wurde. 
Ueber den Württembergischen Staatsgerichtshof, den Zweck desselben, Kom- 
petenz, die Modifikation der allgemeinen Grundsätze, die Zusammensetzung, Ein- 
berufung und Auflösung, Anklagerecht, Geschäftsordnung und Verfahren, Straf- 
befugnisse, Nechtsmittel, Begnadigung und Vollziehung der Urtheile handelt 
457
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.