Full text: Die Ministerverantwortlichkeit und der Staatsgerichtshof im Königreich Sachsen.

Pope, der berühmte englische Dichter und Philosoph, hat den bekannten 
Ausspruch gethan, man solle über die Formen des Staates Thoren streiten lassen, 
der am besten verwaltete sei auch der beste. So wahr diese Behauptung auch 
in gewissen Beziehungen ist, so wenig löst sie doch die schwierige Frage, wie es 
einzurichten sei, um sich der besten Verwaltung und Leitung der Staatsmaschine 
zu versichern und Schutzmittel zu finden, wenn ein unfähiger oder übel wollender 
Regent an die Spitze des Staatswesens tritt. 
Da der Grundsatz, daß die Person des Staatsoberhauptes unverletzlich sei, 
(princeps legibus solutus est) oder nach englischem Staatsrecht: (the king can do 
no wrong) immer noch Geltung hat, so mußte man in constitutionellen Staaten, 
in denen die Erblichkeit der Krone stattfindet und das Rechtsverhältniß zwischen 
Fürsten und Volk durch eine Verfassung geregelt ist, darauf bedacht sein, den 
gefährlichen Folgen dieses Grundsatzes möglichst vorzubeugen und an Stelle des 
Fürsten eine andere Person aufzufinden, die für die Handlungen des letzteren 
einzustehen hat und dem Volke verantwortlich zu machen ist. 
Diese Betrachtung hat zu dem Systeme der Ministerverantwortlichkeit?) und 
zu der Einrichtung bestimmter Gerichtshöfe geführt, die darüber zu urtheilen 
haben, ob die Berather der Krone die Verfassung verletzt und deshalb zur Unter- 
suchung und Bestrafung zu ziehen seien. 
Man ist dabei von der Sdee ausgegangen, daß in der repräsentativen Mo- 
narchie der Souverain wirklich herrscht, daß er die oberste Entscheidung über 
  
*) Die hauptsächlichste Literatur über diesen Gegenstand ist folgende: Nobert v. Mohl, 
Ueber die Verantwortlichkeit der Minister 1837. Der Autor sucht die Frage vom geschäft- 
lichen, juristischen und politischen Standpunkte aus zu lösen. Die 762 Seiten fassende Schrift 
ist freilich veraltet. — Buddeus, die Ministerverantwortlichkeit in konstitutionellen Monar- 
chien. Leipzig 1833. B. will als Gegenstand der ministeriellen Verantwortlichkeit nur die 
Contrasignatur verfassungswidriger Befehle anerkennen, alle anderen verfassungswidrigen Hand- 
lungen aber nur der gewöhnlichen Beamtenverantwortlichkeit unterwerfen. — C. F. Scheur- 
len, der Staatsgerichtshof im Königreiche Württemberg, mit Hinweisung auf die analogen 
Einrichtungen in anderen deutschen Bundesstaaten. Tübingen 1835. — Dr. Adolf Sa- 
muely, das Prinzip der Ministerverantwortlichkeit in der konstitutionellen Monarchie. Berlin 
1869, woselbst S. 124 ff. ein reichhaltiges Verzeichniß der Literatur, insbesondere auch der in 
größeren Werken zerstreuten, zu finden ist. — Benjamin Constant, De la responsabilité 
des ministres. Paris 1814, ferner Marchais de Migneauf, Pagès, Rey, Cotta, Loyson, 
Ferrier u. a. " 
Beschorner, Ministerverantwortlichkeit. 
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