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völkerung auch dort, wie in Nordamerika, nicht als eine „deutsche Gefahr“
betrachtet werden möchte, beginnt seitens der südamerikanischen Republiken
immer mehr Genüge zu geschehen.
Auf das innigste zu beklagen bleibt dabei der Umstand, daß sich
unsre Arbeitskraft dort, in Chile und anderwärts, fast ausschließlich auf
das billigere englische Kapital angewiesen sieht. Aber dieser Teil einer
zielbewußten Kolonialpolitik, der nur durch innere Reformen auf deutschem
Boden zu lösen ist, darf uns hier nicht beschäftigen.
Besonders aber wurde Afrika, das in dem wenig begehrten
Aquatorialgebiet noch so reich war an herrenlosem Land, in der Berliner
Wilhelmstraße ins Auge gefaßt, um so mehr, da zahlreiche deutsche
Forschungsreisende ermunternde Kunde von dort heimbrachten, und große,
täglich mit der Entwicklung unserer Industrie wachsende Bezugs= und
Handelsinteressen auf dem Spiele standen.
Inzwischen waren auch die freien Reichsstädte Bremen und Hamburg,
die letzten Träger der großen Überlieferungen des alten Hansabundes,
tätig gewesen. Hatten sie doch den Hauptvorteil von der Auswanderung
gehabt. Auch waren sie von dem Unglück des „Hinterlandes“ am
wenigsten berührt worden. Unternehmende Kaufleute aus Bremen und
Hamburg waren hinausgegangen in alle Welt und hatten Faktoreien
gegründet, Plantagen angelegt und es ohne Hilfe der deutschen Kriegs-
flagge verstanden, ganze Küstengebiete und Inselgruppen dem deutschen
Einfluß untertänig zu machen und für sich selbst einen mehr oder minder
großen Verdienst aus diesen Neugründungen herauszuziehen. Insbesondere
in der Südsee und in Afrika waren solche Faktoreien erwachsen, und die
Hansestädte unterstützten diese Unternehmungen einzelner ihrer Bürger,
weil sie durch diese deutschen Ansiedelungen und Handelsplätze wiederum
Frachten und Rückfrachten für ihre Schiffe erhielten.
Man muß bedenken, daß das Meer die billigste Fahrstraße ist, die
sich jedem Bedarf an Einfuhr und Ausfuhr umsonst bietet. Unsere
großen Häfen sind offenen Türen gleich, um so mehr, da die ehemaligen
Hansa= und freien Reichsstädte zugleich Freihäfen und deshalb auch
Stapelplätze sogar für die Waren des Auslandes bildeten. Englische
und im englischen Besitz befindliche heimische Waren lagerten namentlich
in Hamburg, um nach allen Enden der Welt versandt zu werden, wo
sich ein guter Absatz bot. Es mußte sich in diesen Freihäfen eine be-
deutende Kapitalskraft bilden, die sich von den ungesunden und teuern