Full text: Das Buch von unsern Kolonien.

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kam endlich ein geheimer Bote aus Tientsin zurück. Seine Nachricht 
besagte: „Japaner, Russen, Briten, Amerikaner, Franzosen, Deutsche 
brechen am 20. Juli auf, um euch zu befreien.“ 
Mit Kavallerie, Artillerie und Genie befanden sich im Anmarsch 
7500 Japaner, welche von allen die größte Rührigkeit und Widerstands- 
fähigkeit bewiesen. Auch ermöglichten sie durch ihren energischen Angriff 
auf die Nordseite Pekings den schleunigen und ungehinderten Einmarsch 
der übrigen Truppen von Süden her. Ihnen folgten 3500 Russen, 
2100 Briten, meist Sikhs aus Indien, 450 Franzosen und 1800 Amerikaner. 
Die etwa 300 Deutschen hatten gleichsam die Nachhut und hatten 
damit eine unter den obwaltenden Umständen keineswegs unwichtige 
Aufgabe. 
Auch der Tsungli-Yamen wußte bereits von dieser Expedition. Denn 
tags darauf versorgte er die Belagerten mit Eis, Früchten, Eiern auf 
einen Tag. Auch versicherte ein offizieller Bote des Amts, daß die 
Christen in der Nordkirche (Pei Tang) noch am Leben wären. Dann 
erfuhr man, daß Li-Hung-Chang von Kanton zurückberufen wäre, um zu 
verhandeln. Am 25. Juli schlug die Stimmung wieder um. Der Kampf 
auf den Barrikaden lebte wieder auf. Und so schleppte sich der feige 
Ansturm hin, bis man endlich am 12. August erfuhr, daß das chinesische 
Militär mit allen auftreibbaren Fuhrwerken Peking verließ. Die Boxer 
erneuerten ihre wütenden Angriffe und setzten den Sturm die ganze Nacht 
vom 12. zum 13. August fort. Ihrer 40 fielen auf einer Barrikade 
allein unter den Streichen der Deutschen auf der Mauer. Am 14. August 
ließen sie ihre großen Kanonen spielen, während die Belagerten bereits 
den Donner der Geschütze ihrer Befreier vernahmen. Am 15. endlich 
gegen 3 Uhr nachmittags erzwangen sich diese den Zugang durch die 
Tore, ja durch die Abzugskanäle um Peking, und die Sikhs, die indischen 
Truppen, waren die ersten, die das belagerte Fremdenviertel unter uner- 
meßlichem Jubel betraten. Sie hatten die Kanonade der Boxer in der 
vorigen Nacht gehört und ihr Vordringen beschleunigt. 
Der zwölftägige Marsch fand unter dem Wetteifer der Nationen und 
beispiellosen Anstrengungen bei 380 C. statt. Handwagen, Kamele, Kühe, 
Kähne und Dschunken auf dem Peiho, alles wurde in Bewegung gesetzt, 
um den Troß zu bewältigen. Man lief mehr, als daß man ging, und 
in so zerstreuter Ordnung, daß ein Flankenangriff genügt hätte, den 
ganzen Knäuel internationaler Truppen aufzurollen und zu werfen. Die
	        
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