Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

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§. 371. 
Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, welche zur Ablehnung 
eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablebnungsgrund kann jedoch 
nicht daraus entnommen werden, daß der Sachverständige als Zeuge vernommen 
worden ist. 
Das Ablehnungsgesuch ist bei demjenigen Gericht oder Richter, von 
welchem die Ernennung des Sachverständigen erfolgt ist, vor der Vernehmung 
desselben, bei schriftlicher Begutachtung vor erfolgter Einreichung des Gutachtens 
anzubringen. Nach diesem Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn 
glaubhaft gemacht wird, daß der Ablehnungsgrund vorher nicht geltend gemacht 
werden konnte. Das Ablehnungsgesuch kann vor dem Gerichtsschreiber zu 
Protokoll erklärt werden. 
Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; der Eid ist als Mittel 
der Glaubhaftmachung ausgeschlosten.  
Die Entscheidung erfolgt von dem im zweiten Absatze bezeichneten Gericht 
oder Richter; eine vorgängige mündliche Verhandlung der Betheiligten ist nicht 
erforderlich. 
Gegen den Beschluß, durch welchen die Ablehnung für begründet erklärt 
wird, findet kein Rechtsmittel; gegen den Beschluß, durch welchen dieselbe für 
unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt. 
§. 372.  
Der zum Sachverständigen Ernannte hat der Ernennung Folge zu leisten, 
wenn er zur Erstattung von Gutachten der erforderten Art öffentlich bestellt ist 
oder wenn er die Wissenschaft, die Kunst oder das Gewerbe, deren Kenntniß 
Voraussetzung der Begutachtung ist, öffentlich zum Erwerbe ausübt oder wenn 
er zur Ausübung derselben öffentlich bestellt oder ermächtigt ist. 
Zur Erstattung des Gutachtens ist auch derjenige verpflichtet, welcher sich 
zu derselben vor Gericht bereit erklärt hat. 
§. 373. 
Dieselben Gründe, welche einen Zeugen berechtigen, das Zeugniß zu ver= 
weigern, berechtigen einen Sachverständigen zur Verweigerung des Gutachtens. 
Das Gericht kann auch aus anderen Gründen einen Sachverständigen von der 
Verpflichtung zur Erstattung des Gutachtens entbinden. 
Die Vernehmung eines öffentlichen Beamten als Sachverständigen findet 
nicht statt, wenn die vorgesetzte Behörde des Beamten erklärt, daß die Ver= 
nehmung den dienstlichen Interessen Nachtheile bereiten würde. 
§. 374. 
Im Falle des Nichterscheinens oder der Weigerung eines zur Erstattung des 
Gutachtens verpflichteten Sachverständigen wird dieser zum Ersatze der Kosten und zu 
einer Geldstrafe bis zu dreihundert Mark verurtheilt. Im Falle wiederholten Unge= 
horsams kann noch einmal eine Geldstrafe bis zu sechshundert Mark erkannt werden. 
Gegen den Beschluß findet Beschwerde statt.
	        
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