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§. 491.
Die Parteien können Angriffs- und Vertheidigungsmittel, welche in erster
Instanz nicht geltend gemacht sind, insbesondere neue Thatsachen und Beweis=
mittel vorbringen.
Neue Ansprüche dürfen, abgesehen von den Fällen des §. 240 Nr. 2, 3,
nur erhoben werden, wenn mit denselben kompensirt werden soll und wenn zu=
gleich glaubhaft gemacht wird, daß die Partei ohne ihr Verschulden außer Stande
gewesen sei, dieselben in erster Instanz geltend zu machen.
§. 492.
Die Verletzung einer das Verfähren erster Instanz betreffenden Vorschrift
kann in der Berufungsinstanz nicht mehr gerügt werden, wenn in Gemäßheit
der Bestimmung des § 267 die Partei das Rügerecht bereits in erster Instanz
verloren hat.
§. 493.
Die in erster Instanz unterbliebenen oder verweigerten Erklärungen über
Thatsachen, Urkunden und Eideszuschiebungen können in der Berufungsinstanz
nachgeholt werden.
§. 494.
Das in erster Instanz abgelegte gerichtliche Geständniß behält seine Wirk=
samkeit auch für die Berufungsinstanz
§. 495.
Die in erster Instanz erfolgte Annahme oder Zurückschiebung eines Eides
behält ihre Wirksamkeit auch für die Berufungsinstanz
Dasselbe gilt von der Leistung, von der Verweigerung der Leistung und
von der Erlassung eines Eides, wenn die Entscheidung, durch welche die Leistung
des Eides angeordnet ist, von dem Berufungsgerichte für gerechtfertigt er=
achtet wird.
§. 496.
Ein nicht oder nicht unbedingt für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urtheil
erster Instanz ist, insoweit dasselbe durch die Berufungsanträge nicht angefochten
wird, auf den im Laufe der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag von dem
Berufungsgerichte für verläufg vollstreckbar zu erklären.
Eine Anfechtung dieser Entscheidung findet nicht statt.
§. 497.
Das Berufungsgericht hat von Amtswegen zu prüfen, ob die Berufung
an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt sei.
Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu
verwerfen.
§. 498
Das Urtheil erster Instanz darf nur insoweit abgeändert werden, als eine
Abänderung beantragt ist.
Reichs-Gesetzbl 1877. 24