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(Nr. 1167.) Gesetz, betreffend die Einführung der Civilprozeßordnung. Vom 30. Januar 1877.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König
von Preußen x.
verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des
Bundesraths und des Reichstags, was folgt:
§ 1.
Die Civilprozeßordnung tritt im ganzen Umfange des Reichs gleichzeitig
mit dem Gerichtsverfassungsgesetz in Kraft
§ 2.
Das Kostenwesen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten wird für den ganzen
Umfang des Reichs durch eine Gebührenordnung geregelt.
§. 3.
Die Civilprozeßordnung findet auf alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten
Anwendung, welche vor die ordentlichen Gerichte gehören.
Insoweit die Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, für welche
besondere Gerichte zugelassen sind, durch die Landesgesetzgebung den ordentlichen
Gerichten übertragen wird, kann dieselbe ein abweichendes Verfahren gestatten.
§. 4.
Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, für welche nach dem Gegenstand oder
der Art des Anspruchs der Rechtsweg zulässg ist, darf aus dem Grunde, weil
als Partei der Fiskus, eine Gemeinde oder eine andere öffentliche Korporation
betheiligt ist, der Rechtsweg durch die Landesgesetzgebung nicht ausgeschlossen
werden.
§. 5.
In Ansehung der Landesherren und der Mitglieder der landesherrlichen
Familien sowie der Mitglieder der Fürstlichen Familie Hohenzollern finden die
Bestimmungen der Civilprozeßordnung nur insoweit Anwendung, als nicht be=
sondere Vorschriften der Hausverfassungen oder der Landesgesetze abweichende
Bestimmungen enthalten. Für vermögensrechtliche Ansprüche Dritter darf jedoch
die Zulässigkeit des Rechtswegs nicht von der Einwilligung des Landesherrn ab=
hängig gemacht werden. §. 6.
Mit Zustimmung des Bundesraths kann durch Kaiserliche Verordnung
bestimmt werden:
1. daß die Verletzung von Gesetzen, obgleich deren Geltungsbereich sich
über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt, die Revision
nicht begründe;