Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

§. 218. 
Verlanßt der Angeklagte die Ladung von Zeugen oder Sachverständigen 
oder die  Herbeischaffung anderer Beweismittel zur Hauptverhandlung, so hat 
er unter Angabe der Thatsachen, über welche der Beweis erhoben werden soll, 
seine Anträge bei dem Vorsitzenden des Gerichts zu stellen. Die hierauf ergehende 
Verfügung ist ihm bekannt zu machen. 
Beweißanträge des Angeklagten sind, soweit ihnen stattgegeben ist, der 
Staatsanwaltschaft mitzutheilen. 
§. 219. 
Lehnt der Vorsitzende den Antrag auf Ladung einer Person ab, so kann 
der Angeklagte die letztere unmittelbar laden lassen. Hierzu ist er auch ohne 
vorgängigen Antrag befugt. 
ine unmittelbar geladene Person ist nur dann zum Erscheinen verpflichtet, 
wenn ihr bei der Ladung die gesetzliche Entschädigung für Reisekosten und Ver= 
säumniß baar dargeboten oder deren Hinterlegung bei dem Gerichtsschreiber 
nachgewiesen wird. 
Ergiebt sich in der Hauptverhandlung, daß die Vernehmung einer unmit= 
telbar geladenen Person zur Aufklärung der Sache dienlich war, so hat das 
Gericht auf Antrag anzuordnen, daß derselben die gesetzliche Entschädigung aus 
der Staatskasse zu gewähren sei. 
§. 220. 
Der Vorsitzende des Gerichts kann auch von Amtswegen die Ladung von 
Zeugen und Sachverständigen sowie die Herbeischaffung anderer Beweismittel 
anordnen. 
§. 221. 
Der Angeklagte hat die von ihm unmittelbar geladenen oder zur Haupt= 
verhandlung zu stellenden Zeugen und Sachverständigen rechtzeitig der Staats= 
anwaltschaft namhaft zu machen und ihren Wohn oder Aufenthaltsort anzugeben. 
Dieselbe Verpflichtung hat die Staatsanwaltschaft gegenüber dem Ange= 
klagten, wenn sie außer den in der Anklageschrift benannten oder auf Antrag 
des Angeklagten geladenen Zeugen oder Sachverständigen die Ladung noch 
anderer Persenen, sei es auf Anordnung des Vorsitzenden (§. 220) oder aus 
eigener Entschließung, bewirkt. 
§. 222. 
Wenn dem Erscheinen eines Zeugen oder Sachverständigen in der Haupt= 
verhandlung für eine längere oder ungewisse Zeit Krankheit oder Gebrechlichkeit 
oder andere nicht zu beseitigende Hindernisse entgegenstehen, so kann das Gericht 
die Vernehmung desselben durch einen beauftragten oder ersuchten Richter 
anordnen. Die Vernehmung erfolgt, soweit die Beeidigung zulässig ist, eidlich. 
Dasselbe gilt, wenn ein Zeuge oder Sachverständiger vernommen werden 
soll, dessen Erscheinen wegen großer Entfernung besonders erschwert sein wird. 
Reichs-Gesetzbl. 1877. 40
	        
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