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heute nur einen Theil derselben betrachten können. Morib scheint
in frühester Kindheit nicht allein die Erziehung, sondern auch den
Geist, den ehrsüchtigen und thatendurstigen, von seiner Mutter Ka-
tharina empfangen zu haben. Sein Vater Heinrich ließ ihn auf dem
Gymnasium zu Freiberg „öffentlich in die Schule gehen,“ und sein
trefflicher Lehrer Bivius begleitete ihn nachmals auch auf die Uni-
versität Leipzig. Vom achtzehnten Jahre an lebte er bald bei dem
ernsten und staatsklugen Georg dem Bärtigen, bald beim prachtlie-
benden Kurfürsten Albrecht von Mainz, bald wiederum an Johann
Friedrich's, seines Vetters, Hofe. Ueberall beobachtete, überall
lernte er; überall sprach er Weniges, aber Scharfsinniges;
überall fügte er sich anscheinend ruhig in die Sitten, Launen und
Meinungen Anderer und behielt doch fest seine Selbstständigkeit.
Der tiefblickende Georg und der große Reformator sollen schon da-
mals Großes von ihm vermuthet haben. Freilich war ihm auch das
Glück auf seiner Laufbahn unglaublich gunstig. Wären des Oheim
Georg's Söhne nicht alle gestorben und Georg kinderlos in die
Gruft gegangen; wäre das Testament Georg's vollzogen und giltig
geworden: so hätte Moritz nach seines Vaters Heinrich's Tode bloß
über zwei Aemter im Erzgebirge zu gebieten gehabt und hätte schwer-
lich so Großes werden bönnen. So aber ward er im zwanzigsten
Jahre schon Herzog über alle Albertinischen Länder und hatte einen
großen Einfluß. Er regierte vom ersten Tage an mit großer Kraft,
führte zuerst seine Krieger in den unblutigen Fladenkrieg (1542) und
sodann gegen die Türken, wo ihn vor Pesth unfehlbar der Tod er-
eilt hätte, wenn nicht Sebastian von Reibisch sein Retter geworden
wäre. Ueberhaupt war sein Leben fast ein fortlaufender Feld= und
Kriegszug. Und doch stiftete er mitten im Rriegsleben die drei
Fürstenschulen (siehe den 3. Juli), Freitische und Stipendien für
Studirende und große Schenkungen für die Leipziger Universität,
Stiftungen, die allein schon seinen Namen unvergeßlich machen müß-
ten. Fest im Auge aber scheint er bei allem seinen Thun das
Höhersteigen gehabt und — wie die großen Geister alle — nicht
viel darnach gefragt zu haben, welche Mittel ihn zum Ziele führ-
ten. Darum schloß er sich nicht an die schwachen, unter sich unei-
nigen Schmalkaldischen Bundesfürsten an — diese konnten ihm nicht
Nutzen, sondern ihm und sich selber nur Schaden bringen — son-
dern knüpfte lieber ein geheimes Bündniß mit dem Kriser, der ein
kräftiger Mann nach seinem Sinne war und auch — vergelten
konnte. So stritt denn er, der früher das Schmalkaldische Bundniß
selbst mit unterschrieben hatte, im Schmalkaldischen Kriege gegen die