Metadata: Bavaria. Landes und Volkskunde des Königreiches Bayern.

Volkstracht. 843 
von Nachahmungen der Mode bedrängt, gemischt und entstellt. Eigenthüm- 
lich ist, daß in dem abgelegnen Balderschwanger Thal die Männer jede 
originelle Tracht abgelegt, Frauen und Mädchen aber die uralte Gewandung 
ihrer Heimath, die für Frau und Magd, für Reich und Arm dieselbe, treu 
bewahrt haben: über Goller und Blütz von schwarzem Sammt, die Joppe 
von schwarzem Glanzleinen, von dem glänzend schwarzen Ledergürtel um die 
Hüften zusammengehalten, welcher die schlanken Gestalten in ihrem feinen 
natürlichen Wuchs vortheilhaft hervorhebt: beim Gehen werden die schwar- 
zen Ueberkleider häufig aufgeschürzt und der grüne Unterrock und die brenn- 
rothen Zacken desselben gezeigt. Zur Galla gehört noch der Schnallen oder 
„Heckel“, ein kurzes Schnappmesser, das an einem Riemen vom Gürtel nie- 
derhängt und zwar bei den Vorderwälderinnen an der rechten Seite. Wohl- 
habende tragen ihren Namen mit silbernen oder vergoldeten Nägeln st# 
Namen im Gürtel eingeschlagen und hängen das Messer an silberne Ketten. 
Die Kopfbedeckung ist zum Kirchgang gewöhnlich eine kegelförmige, ge- 
drückte Mütze, aus schwarzer Wolle gestrickt, Kappe genannt, im Sommer 
von schwarzen Strohhüten ersetzt. 
Der Jungfernputz bei Hochzeiten und Prozessionen besteht in dem „Schä- 
pele“, einem Strich von schwarzem Sammt mit einem Krönlein von Gold 
und Silberdraht, mit Glasperlen und Steinen geziert und auf das zurück- 
gestrichne Haar gesetzt. Die echt-schwäbischen Landhauben „Ohraz-käppla" 
(Band I. S. 425) tragen Mädchen von blauem, Frauen von schwarzem Tuch. 
Im oberen Allgäu besaßen die oberen Pfarreien bis vor etwa dreißig 
oder vierzig Jahren noch eine vollständige eigenthümliche Volkstracht, zwei- 
felsohne die dem gesammten Allgäu in ältester Zeit mehr oder minder ge- 
meinsame. Denn sie beruht auf den bekannten aus uralter Zeit stammenden 
Grundformen der oberreutschen und hier zunächst der alamannischen Bauern- 
tracht. — Der Mann erschien in einem Kamisol, einer bis an die Hifte 
reichenden Juppe, entweder aus schwarzem Zwilch oder zum Putz von leber- 
braunem Halbloden („Wifling Schoppe“); dieses Gewand war ohne Knöpfe 
und ober der Brust mit Haften zu schließen. Am Halse war das Hemd 
ohne Kragen sichtbar und darüber wurde ein schmaler schwarzer Florstreifen 
geschlungen („Flörle“). Ein Brustfleck, unter der Schulter zu schließen, ließ 
zwischen der Hose so viel Raum, daß das ausgebauschte Hemd sichtbar wurde. 
Die Hose war von schwarzem Zwilch oder Loden, zur Festtracht von Leder, 
und ließ das Knie halbnackt. Ein schmaler brauner Ledergurt umgab die 
Lenden, ein grüner Hosenträger zog sich über die Brust. Dazu kamen 
Strümpfe ohne Vorfuß, leinen= oder wollgestrictt, zum Putz weiße Woll- 
strümpfe und Riemenschuh, den runden Hut breiter Krempe schmückte Sammt- 
band und Schnalle. Diese alte Tracht wurde später durch Vertauschung der 
Juppe mit dem langen Leibrock und Aufnahme der kurzen Scharlach= oder
	        
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