Lübeck: Schlichtung von Meinungsverschiedenheiten. 47
heit obwaltet, insbesondere wenn Bestimmungen der Verfassung
streitig sind, oder wenn ein von dem Senate oder der Bürgerschaft
auf den Grund der Verfassung in Anspruch genommenes Recht
von dem andern Theile bestritten wird, so wird zuvörderst der
Versuch gemacht, durch Anordnung einer gemeinsamen Commission
eine gütliche Ausgleichung der Meinungsverschiedenheit zu erwirken.
Bleibt dieser Versuch ohne Erfolg, so ist die Streitfrage rechtlicher
Entscheidung und zwar ausschließlich der des 1 Ober-Appellations-
gerichtes der freien Hansestädte ## Hanseatischen Oberlandes=
gerichts! zu unterwerfen.
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Die Vergleichs-Commission besteht aus sechs Personen, von
denen der Senat aus seinen Mitgliedern drei und der Bürgeraus-
schuß aus den Mitgliedern der Bürgerschaft gleichfalls drei mit
absoluter Stimmenmehrheit erwählt.
3.
Von der in solcher Weise gebildeten Vergleichscommission
werden, unter angemessener Fristbestimmung, Senat und Bürger-
schaft gleichzeitig aufgefordert, eine Darstellung der Streitfrage,
mit Erörterung der rechtlichen Gründe und Gegengründe, einzu-
reichen, und werden die eingekommenen Schriften, zu deren Beant-
wortung in einer anderweitigen Frist, gegenseitig mitgetheilt. Ein
weiterer Schriftwechsel findet vor dieser Commission nicht Statt.
4.
Nachdem die Mitglieder der Commission die beiderseitigen
Schriften eingesehen und reiflich erwogen haben, so daß sie sämmt-
lich von der Streitfrage in allen ihren Beziehungen vollständig S. 1/5.
unterrichtet sind, wird über die Art und Weise einer gütlichen
Ausgleichung derselben von der Commission in nähere Berathung
getreten.
Die Aufgabe der Commission ist nicht, sich über die Rechts-
frage auszusprechen, vielmehr die: gewissenhaft und fern von dem
Einflusse irgend eines Partei= oder Privat-Interesses zu erwägen,
was dem Gemeinwesen wahrhaft nützlich und förderlich sei. In
solcher Gesinnung wird die Commission, eingedenk ihrer hochwichtigen
Bestimmung, erstlich darauf bedacht sein, über eine gütliche Aus-
gleichung des Streitgegenstandes sich zu verständigen; demnächst
1 S. die Note zu § 7.