Full text: Deutsche Staatsgrundgesetze. Heft 8.2. Die Verfassung des Großherzogthums Hessen. Vom 17. Dezember 1820.

Das Edikt vom 17. Februar 1820. 63 
  
g. 44. 
Hinsichtlich der Ernennung zu den Stellen der dermalen be- 
stehenden Physicats= und andern Local-Sanitäts-Beamten, bleibt 
es bei dem §. 5. des Nachtrags zu Unserer Declaration vom 
lten August 1807. Sollten Wir Uns veranlaßt finden, die An- 
stellung mehrerer Amts-Aerzte, Amts-Wund-Aerzte oder Thierärzte 
anzuordnen, so steht ihre Ernennung nur alsdann den Standes- 
herrn zu, wenn sie die Besoldung verselben übernehmen, oder solche 
aus öffentlichen Stiftungs-Gütern entnommen wird, welche unter 
der Disposition der Standesherrn stehen. Jedenfalls können die 
Standesherrn zu den bemerkten Local-Sanitäts-Beamten-Stellen nur 
solche Subjecte ernennen, welche von Unseren Behörden auf gesetz- 
liche Weise geprüft und für fähig erklärt worden sind; auch haben 
sie desfalls Unsere Bestätigung einzuholen. 
. 45. 
Die Standesherrn haben unter Beobachtung Unserer Landes- 
gesetze das Recht, eingeborne Unterthanen in die Gemeinden ihrer 
Standesherrschaften aufzunehmen, oder deren Aufnahme zu ver- 
weigern; beides unter Vorbehalt des an Unsere höhere Behörden 
zu nehmenden Recurses. Ebenso können die Standesherrn, jedoch 
unter ihrer Verantwortlichkeit, fremden Personen auf höchstens ein 
Jahr, und ohne weitere Verlängerung, temporären Aufenthalt ge- 
statten, und Unterthanen, welche in einen andern Theil Unserer 
Lande überziehen wollen, aus dem Gemeinde-Verband entlassen. 
Die Aufnahme von Ausländern in standesherrliche Gemeinden, 
sowie die Aufnahme von fremden Juden, können die Standesherrn 
bewilligen, jedoch unter dem Vorbehalt, daß die Aufzunehmenden 
zuvor bei Unseren Staats-Behörden das Staats-Indigenat er- 
halten. Die Entlassung von Gemeinde-Gliedern in's Ausland 
können die Standesherrn nur alsdann bewilligen, wenn der aus- 
wandern Wollende die Entlassung aus dem Unterthanen-Verband 
bei Unseren Behörden ausgewirkt hat. 
Einheimische Juden können die Standesherrn, wenn die ge= S. 46. 
setzlichen Erfordernisse vorhanden sind, nur alsdann recipiren, wenn 
a.) entweder durch diese Aufnahme die Anzahl der, in einem 
Ort wohnenden jüdischen Familien nicht vermehrt wird, 
und z. B. der Sohn an die Stelle des Vaters tritt, oder: 
b.) wenn der aufzunehmende Jude nicht vom Handel, son- 
dern von einem andern bürgerlichen Gewerbe leben will, 
und sich zur Aufnahme in die Bürgerschaft eignet.
	        
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