Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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unter Strafe zu stellen, sowie der weitere Antrag, die Strafgewalt an die 
Gewerbegerichte zu überweisen. Hinsichtlich der Lehrlinge genügten die häuslichen 
Zuchtmittel; eine Uebertragung der Strafgewalt an die Gewerbegerichte und folge— 
richtig auch an die Gemeindebehörde widerstrebe zu sehr dem bestehenden Systeme. 
Endlich wurde beschlossen, die Strafverfolgung in denjenigen Fällen positiv aus- 
zuschließen, in denen der Kontraktbruch offenbar in gutem Glauben geschehen sei. 
Der in dieser Form vom Bundesrat angenommene Gesetzentwurf gelangte 
am 10. Februar 1874 an den Reichstag, stieß aber dort auf lebhaften Wider- 
stand und gelangte darum nicht zur Durchberatung. 
Hilfskassenwesen. Im Januar 1875 legte der Reichskanzler dem 
Bundesrat den Entwurf 1.) eines Gesetzes, betreffend die Abänderung des 
Titels VIII der Gewerbeordnung, und 2.) eines Gesetzes über die gegenseitigen 
Hilfskassen vor. 
Der erste Entwurf bildete eine unmittelbare Ergänzung der Gewerbeordnung. 
Er sprach den Grundsatz aus, daß jeder gewerbliche Arbeiter zur Beteiligung 
an einer Hilfskasse verpflichtet werden könne, daß er aber dieser Verpflichtung 
ebensowohl durch den Eintritt in eine von den Arbeitern selbft errichtete als 
durch den Eintritt in eine von der Behörde zu dem Zweck organisirte Kasse 
genüge. Er hielt damit die in der Gewerbeordnung anerkannte Gleichstellung 
beider Arten von Kassen aufrecht. Indem er aber den bisher nur in der 
Landesgesetzgebung einzelner Staaten wurzelnden Satz der zwangsweisen Er- 
richtung und Unterhaltung von Arbeiterhilfskassen in die Reichsgesetzgebung ver- 
legte, schuf er ein gleiches Recht für das ganze Reich. Indem er ferner Vor- 
kehrung traf, daß alle Kassen, in welchen der Arbeiter seiner Verpflichtung gerecht 
werden konnte, gewisse Bedingungen erfüllten, beseitigte er die Möglichkeit einer 
Umgehung der Absicht des Gesetzes. 
Der zweite Entwurf formulirte die Bedingungen, welchen die Kassen, ohne 
Unterschied, ob sie von den Arbeitern selbst und freiwillig, oder von der Behörde 
und zwangsweise errichtet wurden, fortan genügen sollten. Er beseitigte damit 
die aus dem Landesrechte der Errichtung der Kassen bisher erwachsenen Schwierig- 
keiten. 
Wir werden auf die Gesetzentwürfe,!) welche erst im Jahr 1875 an den 
Reichstag gelangten, weiter unten zurückkommen. 
Der von dem Reichskanzler dem Bundesrat vorgelegte Entwurf eines Ge- 
setzes, betreffend die einer besonderen Genehmigung bedürfenden ge- 
werblichen Anlagen, gelangte zur Anahme. :) Gesetz vom 2. März 1874 
(Reichs-Gesetzbl. S. 19). 
  
1) Eine Analyse derselben findet sich in der „Nat.-Ztg.“ Nr. 43 v. 27. 1. 75. 
2) „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 23 v. 28. 1. 74. Analyse „Nat.-Ztg.“ Nr. 43 v. 27. 1. 74.
	        
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