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dahin bleibt im allgemeinen die Vorlage des Bundesrats die Grundlage für
die Stellung der Regierungen.“
Ueber die staatsrechtliche Stellung der Kommissare des Bundesrats im
Reichstag und in dessen Kommissionen bemerkte die „Nordd. Allg. Ztg.“ in der
Nr. 91 v. 19. April 1874: „Nach unserer Auffassung und dem Wortlaut der
Reichsverfassung haben Kommissarien die Vorlagen zu „vertreten“, d. h. zu ver-
teidigen, und die Auskunft, die sie zu geben haben, kann sich daher nur auf
Fakta zur Erläuterung der Vorlagen, auf eine Ergänzung der Motive beziehen.
Der „Börsen-Courier“ denkt sich das Verhältnis anders. Der Reichstag habe
ein Interesse, zu wissen, bis zu welcher Grenze der Bundesrat in der Modifikation
der Vorlage gehen werde; und die Kommissarien seien im stande, diese Auskunft
zu geben, weil ihnen die Anschauungen der Regierungen aus den Verhandlungen
im Bundesrat bekannt seien. Oder, um es kürzer auszudrücken: durch die
Kommissarien soll der Reichstag erfahren, wie weit der Bundesrat sich will handeln
lassen. Das ist denn aber doch eine zu börsenmäßige Vorstellung von Staats-
geschäften. Der Bundesrat kann nicht seinen Kommissarien wie ein Pferde-
händler seinem Agenten die Instruktion geben: Fordern Sie 100, gehen Sie
herunter auf 90, 80, 70, lassen Sie's für 60. Und die Kommissarien können
sich auch nicht eine derartige Instruktion aus den Anschauungen der Regierungen
entnehmen; denn diese Anschauungen haben sich in der Vorlage verlörpert, die
nicht ein Entwurf, wie der „Börsen-Courier“ sagt, ein Entwurf für die Be-
ratung des Reichstags, sondern die Willenserklärung des einen Faktors der
Gesetzgebung ist. In derselben ist ausgedrückt, was die Regierungen, wenn sie
der einzige Faktor wären, zum Gesetze machen würden. Hat dann auch der
Reichstag eine entsprechende Willenserklärung abgegeben, was erst nach der
zweiten Lesung anzunehmen ist, so hat der Bundesrat sich schlüssig zu machen,
welche Modifikationen er zugeben will, um ein Einverständis zu erreichen und das
Gesetz zustande zu bringen."
Aus Anlaß der Rettung Bismarcks aus drohendster Lebensgefahr am
13. Juli 1874 (Kissinger Attentat) wurden demselben aus fürstlichen, Re-
gierungs= und privaten Kreisen unzählige Kundgebungen von begeisterter Ver-
ehrung zu teil. Von einer Manifestation des Bundesrats hat seltsamerweise
nichts verlautet. Dies erklärt sich wohl damit, daß derselbe am 2. Juli seine
dringendsten Arbeiten beendigt und seine Sitzungen bis zum 15. September
verschoben hatte.
Erwähnen wir noch, daß Bismarck am 26. November 1874 dem Bundes-
rat ein offizielles Diner gab, an dem teilnahmen: die Minister v. Kameke
und Dr. Achenbach, der bayerische Minister v. Fäustle, die sächsischen Minister
Abeken und v. Fabrice, der württembergische Minister v. Mittnacht, der
badische Minister v. Freydorf, der württembergische Gesandte Freiherr v. Spitzem-
berg, der mecklenburgische Legationsrat v. Bülow, der braunschweigische Wirkliche