Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

Mitte April 1874 legte die gedachte Kommission das Ergebnis ihrer 
Beratungen dem Bundesrat vor. 1) Der Justizausschuß desselben (Referent 
Geheimer Rat Dr. v. Liebe) beantragte darauf (9. Juni 1874) einstimmig: 
„Der Bundesrat wolle beschließen: 1. die in dem Gutachten der in den 
Sitzungen vom 28. Februar und 19. März d. J. gewählten Kommission über 
Plan und Methode, welche bei der Aufstellung des Entwurfs eines deutschen 
Bürgerlichen Gesetzbuchs zu befolgen sind, enthaltenen Ansichten und Vorschläge 
werden gebilligt; 2. die zur Entwerfung des Gesetzbuchs zu berufende Kom- 
mission hat aus 11 Mitgliedern zu bestehen, welche vom Bundesrat mit 
Stimmenmehrheit gewählt werden. Aus der Zahl derselben wird der Vor- 
sitzende vom Reichskanzler ernannt; 3. die Kommission hat ihren Sitz in Berlin, 
wo die mit der Redaktion beauftragten Mitglieder während der Arbeit ihren 
ständigen Aufenthalt nehmen; 4. die Kommission regelt ihren Geschäftsgang 
und bleibt ihr überlassen, die in dem eingereichten Gutachten enthaltenen Vor- 
schläge als Anhaltspunkte zu benutzen; 5. die weitere Bestimmung über Zu- 
sammensetzung der mit Aufstellung des Entwurfs des deutschen Handelsgesetz- 
buchs zu beauftragenden Kommission bleibt vorbehalten; 6. die Revision der 
Gesetzgebung über die Aktiengesellschaften ist mit der Revision des Handelsgesetz- 
buchs zu verbinden.“ 2) 
Am 22. Juni 1874 nahm der Bundesrat die Anträge des Justizaus- 
schusses, betreffend Plan und Methode der Ausarbeitung eines Zivilgesetzbuchs, 
die Revision des Handelsgesetzbuchs und der Gesetzgebung über das Aktienwesen 
an und beauftragte den Justizausschuß, die in die Kommission für das Zivil- 
gesetzbuch zu wählenden Juristen vorzuschlagen. 
Am 3. Juli 1874 bestellte der Bundesrat die Kommission von 11 Mit- 
gliedern zur Ausarbeitung eines deutschen Zivilgesetzbuchs. Dieselbe wurde 
  
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1) Das Detail der Vorschläge findet man in der „Nat.-Ztg.“ Nr. 181 v. 19. 4. 74 
und in der „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 92 v. 21. 4. 74. Ueber die Aufgabe der Kommission 
s. „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 35 v. 15. 2. 74 u. Nr. 36 v. 16. 2. 74. 
2) Vgl. „Nord. Allg. Ztg.“ Nr. 133 v. 11. 6. 74 u. Nr. 138 v. 17. ö. 74. Die oben 
zu Eingang erwähnte Reichskommission hatte beantragt, das Handelsrecht, das Bergrecht, 
eine Anzahl im Absterben begriffener Institute des deutschen Rechts, namentlich das Lehn- 
recht, die Reallasten, das Erbenzins= und Erbpachtrecht, die Emphyteusis, das Näherrecht, 
das Recht der Stammgüter und Familienfideikommisse, ferner das bäuerliche Güterrecht 
und eine Anzahl von Instituten, welche im einzelnen nach polizeilichen und wirtschaftlichen 
Rücksichten geregelt sind und sich von dem Zivilrechte gewissermaßen abgezweigt haben, 
als Forstrecht, Wasserrecht, Recht der Mühlen, der Flößerei, Fischerei, Jagd-, Deich= und 
Sielrecht, Baurecht, Gemeinheitsteilungsrecht, Expropriationsrecht, Gesinderecht, von dem 
bürgerlichen Gesetzbuch auszuschließen, weil diese Materien zum Teil ihre Kodifikation 
erfahren haben und zweckmäßiger in dieser Trennung zu belassen sind, teils weil dieselben 
besser der landesgesetzlichen Regelung vorbehalten bleiben. Der Justizausschuß billigte in 
längerer Ausführung die vorgeschlagene Ausscheidung dieser Rechtsinstitute.
	        
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