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folgendermaßen zusammengesetzt: zwei Universitätsprofessoren, Professor Wind-
scheid in Heidelberg und Professor Roth in München; drei Justizministerial-
beamte, der preußische Geheime Justizrat Kurlbaum II, der bayerische Ministerial-
rat Dr. Schmitt, der badische Ministerialrat Gebhard; sechs praktische Juristen,
der Präsident des Reichs-Oberhandelsgerichts in Leipzig Dr. Pape (demnächst
der vom Reichskanzler ernannte Vorsitzende der Kommission), der preußische
Obertribunalsrat Johow (Berlin), der Appellationsgerichtsrat Planck (Celle), der
Appellationsgerichtsrat Derscheid (Colmar), der Präsident des sächsischen Ober-
Appellationsgerichts in Dresden Dr. v. Weber und der Direktor des württem-
bergischen Obertribunals Dr. v. Kübel in Stuttgart. 1)
Bei ihrer unter dem Vorsitz des Präsidenten Dr. Pape stattgehabten ersten
Sitzung sprachen die erwähnten Redaktoren den Wunsch aus, daß 1. einem
jeden von ihnen ein praktischer Jurist als Hilfsarbeiter, namentlich für die
Sammlung des Materials, beigegeben werde, und daß 2. die Bundesregierungen
ersucht werden möchten, die an ihre Anordnungen gebundenen Bibliotheken
anzuweisen, einzelne in ihrem Besitze befindliche Werke den Redaktoren auf
Erfordern zeitweilig zur Benutzung zu überlassen. Der Bundesrat erklärte
sich damit einverstanden und that die nötigen Schritte zur Realisirung dieser
Wünsche.
Revision des deutschen Strafgesetzbuchs. Zu Anfang des Jahres
1874 regte die preußische Regierung beim Bundesrat eine Revision des deutschen
Strafgesetzbuchs an. Dieser Antrag war in folgender Weise motivirt:
Unmittelbar nach dem Inkrafttreten des deutschen Strafgesetzbuchs hat zur
Vorbereitung einer späteren Revision die preußische Regierung Materialien
darüber zu sammeln begonnen, ob und wo dasselbe in der praktischen Uebung
sich etwa nicht bewähre. Nach den hierbei in dem bis jetzt zurückgelegten, wenn
auch erst dreijährigen Zeitraum erzielten Ergebnissen haben einzelne Bestimmungen
des Strafgesetzbuchs, insbesondere solche, welche erst bei der Beratung im Reichs-
tage durch dessen Beschlüsse aufgenommen worden sind, sich so wenig bewährt,
vielmehr zu so großen thatsächlichen Mißständen geführt, daß die preußische
Regierung den Zeitpunkt für gekommen erachtet, um in die Revision und
1) Antrag des hanseatischen Ministerresidenten, betreffend die Wahl eines zwölften
Mitglieds (Dr. Baumeister in Hamburg) s. „Nat.-Ztg.“ Nr. 321 v. 14. 7. 74. Ueber den
Zusammentritt der Kommission und deren Arbeiten „Nat.-Ztg.“ Nr. 306 v. 4. 7. 74,
Nr. 453 v. 30. 9. 74, „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 220 v. 22. 9. 74 u. Nr. 242 v. 17. 10.74
(Beschlüsse der Kommission). Nach einer dem Bundesrat gemachten Mitteilung hatte die
Kommission vom 17.—29. September in acht Plenarsitzungen ihre Geschäftsordnung fest-
gestellt, den Umfang des Gesetzbuchs abgegrenzt, fünf ihrer Mitglieder mit der Redaktion
desselben beauftragt, die Redaktionsarbeiten unter diese verteilt und eine Instruktion für
die Redaktion aufgestellt. Die bezüglichen Beschlüsse wurden dem Bundesrat vorgelegt.
Poschinger, Fürst Bismarck und der Bundesrat. III. 8