Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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Am 17. März 1874 nahm der Bundesrat das Verbannungsgesetz mit 
großer Mehrheit an. 
Der Plenarberatung wohnten der preußische Appellationsgerichtspräsident 
v. Schelling und der preußische Geheime Regierungsrat Lucanus bei, welche 
bei der Beratung im Ausschusse mitgewirkt und an der Entstehung des 
Entwurfes im preußischen Kultus= beziehungsweise Justizministerium wesentlichen 
Anteil hatten. Zu § 1 beantragte der mecklenburgische Bevollmächtigte, den 
Anfang wie folgt zu fassen: „Einem Geistlichen oder anderen Religionsdiener 
der katholischen Kirche, welcher“ u. s. w. Dieser Antrag wurde mit Stimmen- 
mehrheit abgelehnt Der bayerische Bevollmächtigte beantragte im ersten Absatze 
(Ein Religionsdiener, welcher durch Entscheidung der zuständigen Staatsbehörde 
seines Amtes entsetzt ist, u. s. w.) statt der Worte: Entscheidung der zuständigen 
Staatsbehörde, zu setzen: „agerichtliches Urteil“. Dieser Antrag und mit demselben 
der § 1 erhielt die Zustimmung der Mehrheit. Man war darüber einverstanden, 
daß die Befugnis der Landespolizeibehörde zur Versagung oder Anweisung des 
Aufenthalts an bestimmten Orten oder Bezirken lediglich auf das Gebiet des 
betreffenden Staates beschränkt sei. Weitere Anträge des bayerischen Bevoll- 
mächtigten gegen die Ausweisung schon nach der eingeleiteten Untersuchung 
u. s. w. wurden abgelehnt und die §§ 2 und 3 nach den Ausschußanträgen 
angenommen. Die Ueberschrift wurde wie folgt gefaßt: „Gesetz, betreffend die 
Verhinderung der unbefugten Ausübung von Kirchenämtern.“ Gegen das Gesetz 
stimmten nur beide Mecklenburg und Reuß älterer Linie. Der Bevollmächtigte 
von Oldenburg enthielt sich wegen Mangels an Instruktion der Abstimmung. 1) 
Der Entscheidung über das Schicksal des Gesetzes wurde — so berichtete 
eine dem Reichskanzler nahestehende Persönlichkeit — insbesondere von diesem 
mit Sorge entgegengesehen. „Die Neigung des Reichstags, die juristi- 
schen Bedenken vor den politischen Erwägungen zu berücksichtigen, erscheint 
dem Fürsten überaus bedenklich, insbesondere in einem Kampfe wie in dem 
mit der römischen Kurie, in welchem er sich einem Gegner gegenübergestellt 
findet, der ohne die geringsten Skrupel in der Wahl der Mittel, mit der 
vollendetsten Fähigkeit, je nach der Zweckmäßigkeit von der einen Kampfesmethode 
zu einer anderen, vollkommen widersprechenden und vollkommen unerwarteten 
überzugehen, der deutschen Politik die schwersten Hindernisse bereitet. Der 
Fürst hofft, daß der Reichstag mit ihm diesen Kampf mit politischen Mitteln 
und aus politischen Gesichtspunkten zu führen gewillt sein werde, und glaubt 
sich um so mehr zu dieser Hoffnung berechtigt, als er schon bei der Beratung 
an das Plenum erstattete Bericht enthielt keine Mitteilung über den Gang der Ausschuß- 
verhandlungen, sondern unterbreitete dem Bundesrat nur den abgeänderten Entwurf in 
der von der „Nat.-Ztg.“ Nr. 123 v. 14. 3. 74 mitgeteilten Fassung. 
1) Vgl. die „Nat.-Ztg.“ Nr. 130 u. 131 v. 18. u. 19. 3. 74 u. 143 v. 26. 3. 74.
	        
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