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im Bundesrat gab der württembergische Minister der Voraussetzung Ausdruck,
daß es sich nicht um Einführung einer neuen organischen Einrichtung handle
und daß die verfassungsmäßigen Befugnisse des Reichskanzler-Amts und des
Bundesrats nicht berührt würden. Der Vorsitzende Delbrück bestätigte diese
Voraussetzung mit der Bemerkung, daß die beabsichtigte Errichtung eines Reichs—
Justizamts nur den Zweck habe, die Ausführung früherer Bundesratsbeschlüsse
zu erleichtern.
4. Reichstag.
Gewährung von Diäten an die Reichstagsmitglieder. Den
hierauf abzielenden vom Reichstag beschlossenen Gesetzentwurf lehnte der Bundesrat,
an seiner früheren Auffassung festhaltend, in der Sitzung vom 6. Mai 1874
auf den Antrag des Verfassungsausschusses wiederum ab, und zwar einstimmig.
Freie Eisenbahnfahrt der Reichstagemitglieder. Ein dem
Bundesrat vorgelegter Nachtragsetat zum Haushalt des Deutschen Reichs für 1874
umfaßte 2 Paragraphen und fixirte in §1 eine Ausgabe von 14.0000 Thalern, welche
Summe dem durch das Gesetz vom 5. Juli 1873 festgestellten Reichshaushalt
Dro 1874 hinzugerechnet wurde. Nach § 2 sollten die Mittel zur Bestreitung
dieses Mehrbedarfs durch Beiträge der einzelnen Bundesstaaten nach Maßgabe ihrer
Bevölkerung aufgebracht werden. Spezialisirt war die Summe als fortdauernde
Ausgabe zur „Entschädigung der Privateisenbahnen im Deutschen Reiche für
die Bewilligung der freien Fahrt rc. an die Reichstagsabgeordneten."
Errichtung des Reichstagsgebäudes. Nachdem der Reichstag
mittelst Resolution vom 19. Mai 1873 erklärt hatte, daß er den Grund und
Boden des Krollschen Etablissements am] Königsplatz in Berlin nebst dem
angrenzenden Terrain als die geeignete Stelle für die Errichtung des Reichs-
tagsgebäudes nicht ansehe und die Kommission für die Vorbereitungen zur
Erbauung eines Parlamentsgebäudes beauftragte, noch vor Schluß des Reichstags
einen anderen Vorschlag zu machen und dabei dem Terrain hinter dem Kriegs-
ministerium, der Porzellanmanufaktur und dem Herrenhause, sowie dem Terrain
der Universität ihre besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden und zu untersuchen,
in welcher Weise die der Wahl dieser Terrains entgegenstehenden Schwierig-
keiten zu beseitigen wären, beschloß der Bundesrat in der Sitzung vom 20. Mai
1873, indem er es nicht für an der Zeit hielt, den ersten Teil des Reichstags-
beschlusses, betreffend den Grund und Boden des Krollschen Etablissements 2c.,
in Beratung zu ziehen, auch seinerseits die Kommission um Abgabe eines diesem
Beschlusse entsprechenden Vorschlages zu ersuchen. Die Kommission unterzog
sich diesem Auftrage und unterwarf nicht nur die in dem Beschlusse besonders
bezeichneten Grundstücke, sondern auch andere ihr in Vorschlag gebrachte Plätze