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nicht überschreitende Erhöhung der Eisenbahnfrachttarife unter der Voraussetzung
nichts zu erinnern sei, daß gleichzeitig oder doch sobald als die erforderlichen
Vorarbeiten es gestatten, ein gleicher Zeit empfohlenes Tarifsystem in seinen
Grundzügen zur Ausführung gelange.“
Zur Erläuterung dieses Schrittes bemerkte die „Norddeutsche Allgemeine
Zeitung“ Nr. 114 vom 19. Mai 1874: „Die, wenn wir recht bemerkt haben,
zuerst von der „Korrespondenz Stern“ gebrachte Mitteilung, daß der Herr Reichs-
kanzler Anträge auf Erhöhung der Eisenbahntarife“ an den Bundesrat gebracht
habe, enthält, so wie sie formulirt ist, keine ganz korrekte Bezeichnung des Sach-
verhalts. Der Reichskanzler hatte zunächst jede, nicht sachlich motivirte Erhöhung
der Tarife bekämpft, aber nicht mit vollem Erfolge, da einzelne Regierungen
selbständig mit Erhöhungen vorgingen und dem Reichs-Eisenbahn-Amt bis jetzt
Mittel, um das zu verhindern, nicht zu Gebote stehen. Daß die Frachtgüter-
tarife zu niedrig sind, ist an den elsaß-lothringischen Bahnen deutlich geworden,
die fast ausschließlich Kohlen und Erze befördern. Dieser Wahrnehmung gegen-
über hat der Kanzler den Grundsatz aufgestellt, die Tarife dürften in keinem
Falle so niedrig sein, daß eine Bahn genötigt wäre, mit Zuschuß und Schaden
zu fahren. Die inzwischen ihrem Wortlaute nach bekannt gewordene Vorlage vom
5. d. Mts. ergiebt des näheren, daß man höchstens von Zugeständnissen in
Betreff einer Tariferhöhung sprechen kann, welche das Reichs-Eisenbahn-Amt
unter Zustimmung des Kanzlers gemacht hat."“
Die von den Bundesratsausschüssen daraufhin festgestellten Vorschläge lauteten
wörtlich wie folgt:
Der Bundesrat wolle beschließen:
1. Daß vom Standpunkte des Reichs gegen eine mäßige, im Durchschnitt
den Betrag von 20 Prozent nicht überschreitende Erhöhung der Eisenbahn-
frachttarife unter der Voraussetzung nichts zu erinnern sei, daß, sobald
als die erforderlichen Vorarbeiten es gestatten, spätestens mit dem
1. Januar 1875 das in der vom Reichs-Eisenbahn-Amt entworfenen
Denkschrift über das Ergebnis der Betriebseinnahmen empfohlene, von
der Braunschweiger Konferenz deutscher Eisenbahnverwaltungen vor-
geschlagene (Wagenraum-) Tarifsystem in seinen Grundzügen zur Ein-
führung gelange; daß indessen diejenigen Bahnverwaltungen, welche
das in der Denkschrift als das „natürliche“ (elsaß-lothringische) be-
zeichnete Tarifsystem bereits eingeführt haben, solches beibehalten dürfen,
und daß dessen weiterer Einführung nichts entgegensteht.
2. Daß interimistisch eine Erhöhung der bestehenden Gütertarife unter
Ausschluß zur Zeit geltender Sätze für Getreide, Hülsenfrüchte, Kar-
toffeln, Salz, Mehl und Mühlenfabrikate durch einen Zuschlag von
höchstens 20 Prozent herbeigeführt werden dürfe.