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Mit den Vorverhandlungen zur Wiedergewinnung Scheeles für den öffent-
lichen Dienst wurde von Bismarck der Staatsminister Delbrück betraut, der sich
seines Auftrags durch folgende beiden Schreiben an Herrn Scheele 1) entledigte:
Berlin, den 8. Juli 1873.
„Ich habe die Frage an Sie zu richten, ob Sie geneigt sein würden, die
Stelle des Vorsitzenden des Reichs-Eisenbahn-Amts zu übernehmen.
Ich weiß sehr wohl, daß Ihre Stellung bei der Diskontogesellschaft sehr
viel glänzender ist als diejenige, welche ich Ihnen anzubieten habe, ich halte es
aber doch für möglich, daß in Ihren Augen die mit der letzteren verbundene
Wirksamkeit den Glanz der ersteren überwiegt.
Einen Abdruck des Gesetzes und der Etats füge ich bei. Die Besetzung
sämtlicher Stellen würde auf Antrag des Vorsitzenden erfolgen; es liegt keinerlei,
wie immer geartetes Engagement vor. Nur darauf würde der Herr Reichs-
kanzler Wert legen, daß unter den Räten bezw. Hilfsarbeitern Süddeutschland,
insbesondere Baden vertreten sei.“
*
Berlin, den 11. Juli 1873.
„Für Ihren Brief vom 9. danke ich Ihnen von ganzem Herzen. Alle
rationes dubitandi, welche er enthielt, habe ich nach= oder vielmehr voraus-
gefühlt und umsomehr freue ich mich Ihres mutigen Entschlusses.
Nun einige Einzelheiten.
An Herrn v. Varnbüler hat niemand gedacht, ausgenommen vielleicht er
selbst. An Herrn Mebes habe auch ich gedacht, der Herr Reichskanzler hat mir
indessen von vornherein gesagt, daß er als Vorsitzenden der Behörde keinen aus
der Mitte des Eisenbahnbetriebs herkommenden, mit den Eisenbahninteressen
groß gewordenen Mann haben wolle.
Das Reichs-Eisenbahn-Amt steht zu dem Reichskanzler-Amt in keiner anderen
Beziehung, als zum Beispiel das Auswärtige Amt. Ich selbst werde zu ihm
keine anderen Beziehungen haben als die Kontrasignatur etwaiger Keaiserlicher
Erlasse in Abwesenheit des Reichskanzlers und was mir letzterer etwa persönlich
aufträgt. Herr Eck hat mit dem Vorsitzenden der Behörde nicht mehr zu thun
als mit Herrn v. Bülow. Diese Verhältnisse folgen nach meiner Ansicht so klar
aus dem Gesetz, daß irgend eine Anciennitätsbestimmung vollkommen entbehrlich
ist. Herr Eck ist mit dieser Auffassung durchaus einverstanden.
Ich habe Herrn Eck beauftragt, in einigen Tagen den Immediatbericht
über Ihre Ernennung entwerfen zu lassen. Dem Herrn Reichskanzler habe ich
heute geschrieben."“
Scheele machte sich bei der Uebernahme des neuen Amts keine Illusion
1) Bisher unveröffentlicht.