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Das Reichs-Eisenbahn-Amt befürwortete des weiteren:
a) die nach Vorstehendem für das definitive Tarifsystem in Aussicht zu
nehmenden Frachtsätze als Maximalsätze gelten zu lassen, welche — unbeschadet
abweichender Konzessionsbestimmungen — ohne Zustimmung der Reichsbehörde
(bei Privatbahnen eventuell auch der Staats-Aufsichtsbehörde) nicht überschritten
werden dürfen;
b) unter Zuziehung von geeigneten. Vertretern des Handels, der Industrie,
der Landwirtschaft wie der Eisenbahnen eine eingehende Enquête über die zweck-
mäßigste Art der Tarifreform auf der vorstehend unter 3 bezeichneten Grundlage
zu veranlassen, inzwischen aber
) für Beseitigung unstatthafter Ueberschreitungen des nach Nr. 2 des
Beschlusses vom 11. Juni cr. nachgelassenen interimistischen Frachtzuschlages
Sorge zu tragen und der etwaigen Neigung der Eisenbahnverwaltungen zu
Tarifermäßigungen in den zulässigen Grenzen möglichst Vorschub zu leisten.
Daß das gemäß Nr. 3 einzuführende Tarifsystem und die Ausführungs-
vorschriften zu demselben einer periodischen Revision zu unterziehen sein würden,
betrachtete das Reichs-Eisenbahn-Amt als selbstverständlich, ebensowie, daß Eisen-
bahnverwaltungen, welche sich den Bedingungen für die Gewährung des Fracht-
zuschlages respektive der Frachterhöhung nicht unterwerfen, ersteren sofort voll-
ständig in Wegfall zu bringen haben.
Der Reichskanzler erklärte sich mit diesen Vorschlägen im allgemeinen
einverstanden und befürwortete die Gutheißung des Ergebnisses der vom Reichs-
Eisenbahn-Amt mit Delegirten des Handelsstandes und der Eisenbahnverwal-
tungen in den Tagen des 22. (23.) Juli und 31. Juli (2. August) 1874
gepflogenen Verhandlungen ebenfalls nicht. Erachtete der Reichskanzler hiernach
auch die durch den vorgedachten Beschluß des Bundesrats unter 1 gestellte
Bedingung nicht für erfüllt, so nahm derselbe doch in Anbetracht, daß die für
den interimistisch nachgelassenen Frachtzuschlag seinerzeit maßgebend gewesenen
Gründe im wesentlichen noch fortbestehen, auch die Reformfrage noch nicht als
spruchreif instruirt zu betrachten ist, Anstand, den vollständigen Wegfall dieses
Zuschlages zu empfehlen. Der Reichskanzler gab vielmehr der einstweiligen
Verlängerung des Provisoriums unter Modifikationen, welche nach den weiteren
Erfahrungen, insbesondere auch durch die Interessen der durch die Folgen der
außerordentlichen Trockenheit des letzten Sommers bedrängten Landwirtschaft
bedingt erschienen, den Vorzug, indem er voraussetzte, daß inzwischen für die
Einführung eines den Bestimmungen des Artikels 45 der Reichsverfassung wie
den berechtigten Interessen der beteiligten Kreise entsprechenden einheitlichen und
einfachen Tarifsystems das Erforderliche in zweckentsprechender Weise in die
Wege geleitet und damit die so lange schwebende Tarifreformfrage zum mög-
lichst befriedigenden Abschluß gefördert werde. Der Reichskanzler stellte dem