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Diese Anträge wurden in der Sitzung des Bundesrats vom 11. Mai 1874
zum Beschluß erhoben.
Gesetz, betreffend die deutsche Seewarte, vom 9. Januar 1875 (Reichs-
Gesetzbl. S. 11).
Zulassung ehmaliger Offiziere der Kaiserlichen Marine
als Seeschiffer und Seesteuerleute auf Kauffahrteischiffen.
In den vom Bundesrat erteilten Vorschriften über den Nachweis der Be-
fähigung als Seeschiffer und Seesteuermann auf deutschen Kauffahrteischiffen
war die Möglichkeit einer Dispensation von den zur Führung dieses Nachweises
abzulegenden Prüfungen, wie sie besonders ehemaligen Offizieren rc. der Kaiser-
lichen Marine 2c. gegenüber opportun war, nicht vorgesehen. Der Reichskanzler
überreichte daher dem Bundesrat den Entwurf von Anordnungen, betreffend die
Zulassung ehemaliger Offiziere 2c. der Kaiserlichen Marine als Seeschiffer und
Seesteuerleute auf deutschen Kauffahrteischiffen, 1) zur Beschlußnahme.?)
Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 21. Dezember 1874 („Nordd.
Allg. Ztg.“ Nr. 17 vom 21. Januar 1875).
Herstellung eines internationalen Seegesetzbuchs. Die Dele-
girtenkonferenz norddeutscher See= und Handelsplätze hatte durch die Handels-
kammer in Bremen dem Bundesrat einen Antrag zugehen lassen, der dahin
gerichtet war, daß von Reichs wegen die Initiative zur Herstellung eines inter-
nationalen Seegesetzbuchs ergriffen und daß die bezüglichen Verhandlungen
mit den übrigen Seestaaten eingeleitet werden möchten. Das Reichskanzler-Amt
legte auf diese Angelegenheit ausgesprochenermaßen sehr großes Gewicht und
war geneigt, darauf einzugehen.
Die Bundesrats-Ausschüsse anerkannten im vollsten Umfange die Bedürfnis-
frage, erachteten aber ein Unternehmen, wie es der Antrag forderte, wegen
seiner in die bestehenden Rechtssysteme tief einschneidenden Wirkung von solcher
Tragweite, daß sie einen Erfolg zurzeit umsomehr bezweifelten, als es nicht
unbekannt sei, „wie spröde sich bei früheren Veranlassungen einzelne Rechts-
gebiete gegen jede Aenderung bestehender Grundsätze verhalten haben.“ Dagegen
erschien den Ausschüssen die Möglichkeit vorhanden, bezüglich einzelner Materien
des Privatseerechts unter den bei dem Seeverkehr vorzugsweise beteiligten Staaten
eine Annäherung und Verständigung herbeizuführen. Hierzu würden u. a. auch
die Grundsätze über die Kollision der Gesetze gehören, soweit sie mit den hier
fraglichen Materien im Zusammenhang stehen. Im übrigen wurde darauf
hingewiesen, daß mit der in Angriff genommenen Ausarbeitung eines deutschen
1) Abgedruckt in der „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 119 v. 24. 5. 74.
2) Der Bericht der vereinigten Ausschüsse für Seewesen, Handel und Verkehr findet
sich abgedruckt in der „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 279 v. 29. 11. 74.