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angetretene Amt niederlegen will, weil seine Vorschläge wegen Besetzung einer
Ratsstelle nicht den Beifall seines Vorgesetzten fanden.
Näheres über die aus Anlaß der gedachten Personalfrage eingetretene
Krisis erhellt aus dem folgenden Erlasse Bismarcks an Scheele, d. d. Berlin,
den 3. September 1873:1)
„Ew. Hochwohlgeboren gefälliges Schreiben vom heutigen Tage hat mir
eine peinliche Ueberraschung bereitet.
„In unserer gestrigen Unterhaltung habe ich Ihnen die ganz objektiven
Gründe entwickelt, aus welchen ich es im Interesse der neuen, Ihrer Leitung
unterstellten Behörde nicht für ratsam halten kann, gerade die erste Ratsstelle
einem Eisenbahntechniker zu übertragen. Ich habe hieran auf Ihre Anregung
den Vorschlag geknüpft, zunächst die Stelle des zweiten Rates und des einen
Hilfsarbeiters zu besetzen, um einerseits die Konstituirung der Behörde zu ermög-
lichen, andererseits für weitere Erwägungen über die Besetzung der beiden anderen
Stellen Zeit zu gewinnen, und ich bin unter dem Eindruck von Ihnen geschieden,
daß Sie diesen Ausweg für zulässig hielten, jedenfalls aber Ihre Stellung zu
dem Reichs-Eisenbahn-Amt nicht von der Frage abhängig machen würden, welche
der vorhandenen etatsmäßigen Stellen Eisenbahntechnikern zu übertragen seien.
In der That kann ich mich nicht überzeugen, daß Ew. Hochwohlgeboren bei
weiterer Erwägung dieser Frage eine solche Bedeutung beilegen werden, zumal
Sie gewiß mit mir anerkennen, daß ich auf die Mitwirkung bei der Bildung
einer Behörde nicht verzichten kann, für deren Aktion mir gesetzlich die Verant-
wortlichkeit obliegt. In der von Ew. Hochwohlgeboren angeführten Stelle eines
Schreibens des Präsidenten des Reichskanzler-Amts 2) vermag ich nicht die An-
deutung eines solchen Verzichtes, sondern nur die Zusicherung zu finden, daß
kein anderer als Ew. Hochwohlgeboren mir die Vorschläge für die Besetzung
der Stellen bei der neuen Behörde zu machen haben werde.
„Unter diesen Umständen habe ich mich nicht entschließen können, Ihr Ent-
lassungsgesuch zur Kenntnis Sr. Majestät des Kaisers und Königs zu bringen.
Ich bitte Sie vielmehr um eine nochmalige Erwägung der Sache, und ich ver-
traue zu Ihrer Hingebung für die großen, der neuen Behörde anvertrauten
Interessen, daß Sie mir die Mitwirkung nicht entziehen werden, welche Sie
mir in patriotischem Sinne zugesagt hatten.
Der Reichskanzler:
v. Bismarck."
Am folgenden Tage setzte Scheele dem Kanzler noch einmal die Gründe
auseinander, welche es ihm hatten rätlich erscheinen lassen, die erste Ratsstelle
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1) Bisher unveröffentlicht.
2) Die betreffende, bereits oben mitgeteilte Stelle lautete wörtlich: „Die Besetzung
sämtlicher Stellen würde auf Antrag des Vorsitzenden erfolgen; es liegt keinerlei wie immer
geartetes Engagement vor.“