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verkündete (18. März 1878). Man habe rauchend und pokulirend um den
Tisch gesessen, Lasker habe — natürlich mit gewissen Vorbehalten — dem
Bismarckschen Projekte zugestimmt, und da sei denn dem Kanzler im Laufe der
Diskussion das Wort entschlüpft: „Delbrück wird freilich dabei verkleinert
werden.“ Bismarck deutete damit an, daß er für die Reichseisenbahnen ein
eigenes Reichsamt schaffen werde, mit anderen Worten, daß der Zerbröckelungs-
prozeß des Reichskanzler-Amts weitere Fortschrittte machen werde. Am Abend
habe der Chef ihm (Bucher) lächelnd aufgetragen, den Inhalt der Gespräche dem
Präsidenten des Reichs-Eisenbahn-Amts Scheele mitzuteilen. 1)
Kurze Zeit nach dem Rücktritt Delbrücks von den Geschäften war in ver-
schiedenen Blättern die Vermutung ausgesprochen worden, daß der Minister
Delbrück während seines Aufenthalts in Paris einleitende Besprechungen mit
dortigen Staatsmännern über die Erneuerung des deutsch-französischen Handels-
vertrags gepflogen habe, und es wurde besonders darauf hingewiesen, daß Mi-
nister Delbrück noch während seiner amtlichen Stellung in Paris gewesen sei.
Die „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 140 vom 18. Juni 1876 erklärte diese Vermutung
als unbegründet. „Minister Delbrück war lediglich als Privatmann in Paris
und hat seinen Aufenthalt zu keinerlei Verhandlungen benutzt. Man erinnert sich,
daß ihm nach der schließlichen Genehmigung seines Abschiedsgesuches auf seinen
Wunsch ein sofortiger Urlaub bis zum Zeitpunkt der Uebergabe der Geschäfte
an seinen inzwischen zu berufenden Nachfolger erteilt wurde. Unter diesen Ver-
hältnissen konnte von irgend einer amtlichen Aufgabe in Paris wohl nicht die
Rede sein.“
Noch einmal beschäftigte sich das Kanzlerblatt mit dem Verhältnis Bismarcks
zu Delbrück, als die „Weimarsche Ztg.“ im August 1881 aus Anlaß des Ent-
schlusses des Herrn Dr. Delbrück, kein Mandat zum Reichstage mehr annehmen
zu wollen, bemerkte, daß der Entschluß desselben wesentlich beeinflußt worden
sei durch die „wenig kollegiale Art und Weise, wie seitens des leitenden Staats-
mannes zuweilen die früheren Mitarbeiter behandelt werden.“ „Diese Bemerkung
erinnert uns — bemerkte die „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 374 vom 13. August
1881 — an die naive Aufforderung der Sezessionisten, der Fürst solle nur den
Versuch machen, nichts zu wollen, als was die Opposition will, um sicher zu
sein, daß diese aufhören werde, sich ihm entgegenzustellen. Nachdem Herr
Dr. Delbrück im Reichstage dem Fürsten Bismarck gegenüber eine entschieden
oppositionelle Stellung angenommen hatte — wir erinnern namentlich an seine
1) Aus Anlaß der am 18. Juni 1896 erfolgten Verleihung des Schwarzen Adler-
Ordens an die Minister Delbrück und Camphausen war in der Presse verschiedentlich auf
die Umstände hingewiesen worden, unter denen ihre Trennung vom Fürsten Bismarck
erfolgte. Dieser ließ durch seine „Hamb. Nachr.“ erwidern: Daß Fürst Bismarck mit
Herrn Delbrück in Frieden geschieden ist, haben wir erst kürzlich bestätigt, da letzterer immer
nur körperliche Erschöpfung als Grund seiner Demission vorgeschützt hat.