Am 7. August 1874 verkündigte der Reichskanzler (im Auftrage Ech)!)
Scheele, daß der Kaiser ihm den Stern zum Roten Adler-Orden II. Klasse
mit Eichenlaub verliehen habe.
Scheele verfolgte natürlich später die Entwickelung des vielen Angriffen
ausgesetzten Reichs-Eisenbahn-Amts aus der Ferne mit all dem Interesse, das
derselbe von Haus aus für das neue Reichsamt gehegt hatte. Insbesondere bestritt
er mit Entschiedenheit die Behauptung, daß der Fürst mit Einrichtung des
Reichs-Eisenbahn-Amts Schiffbruch gelitten habe. Bismarcks Bestreben — so
ungefähr äußerte sich Scheele kurze Zeit vor seinem Ableben — ging in erster
Linie dahin, die mächtigen Privatbahnen und ihre Tarifwillkür zu zügeln, die
besonders in Differenzialtarifen unter Schädigung nationaler Interessen ihren
Ausdruck fand.
Schon die bloße Existenz des mit großen, wenn auch unklar gefaßten Be-
fugnissen ausgerüsteten Reichs-Eisenbahn-Amts übte auf den gesamten Betrieb
und selbst auf die Eisenbahnpolitik eine wohlthätige Wirkung aus. Sachsen
beeilte sich, alle sächsischen Privatbahnen anzukaufen, und Bayern, wiewohl durch
seine Reservatrechte geschützt, folgte diesem Beispiel in den rechtsrheinischen Be-
sitzungen. Der Finanzminister Camphausen, der früher entschiedener Gegner
der Eisenbahnverstaatlichung war, wechselte die Ansicht und unterstützte den
energischen Minister Maybach beim Ankauf der Privatbahnen. Es war eben
für die deutschen Finanzminister eine wichtige Finanzfrage geworden, sie wollten
ihre reichlichste Finanzquelle schützen gegen Experimente, die nicht ausbleiben
konnten, wenn die Herrschaft der Privatbahnen ungebrochen blieb.
Diesen vom Fürsten Bismarck gewollten Erfolgen gegenüber ist die Be-
hauptung, er habe nichts erreicht, verfehlt. Auch ohne als oberste anordnende
Aufsichtsbehörde zu fungiren, kann das Reichs-Eisenbahn-Amt segensreich wirken,
wenn es als seine wesentliche Aufgabe betrachtet, die gesamte Eisenbahnwissen-
schaft, das Eisenbahnfrachtrecht, die Statistik u. s. w. zu pflegen, neue Er-
findungen zu prüfen und zu fördern, die Ursachen erheblicher Eisenbahnunfälle
zu ermitteln, auf Einrichtungen, welche den Betrieb gefährden, sowie auf Tarif-
sätze, welche unsere nationalen Interessen schädigen, aufmerksam zu machen.
Zur Verfolgung dieser überaus wichtigen Zwecke fehlt es den Behörden der
Einzelstaaten, welche durch Erledigung der laufenden Sachen vollauf in An-
spruch genommen werden, an Zeit und Kraft; es bedarf dazu einer mit her-
vorragenden Kräften ausgerüsteten Reichsbehörde, welche mit aller Muße und
Gründlichkeit die großen Eisenbahnfragen verfolgen und ihrer Lösung entgegen-
führen kann.
Welche Meinung übrigens Bismarck von Scheele hatte, beweist am besten
die Thatsache, daß er ihn, wenn ich recht unterrichtet bin, einmal bald nach
1) In Kohls Bismarck-Regesten nachzutragen.