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minder wie alle Einheimischen, die mit ihm in persönliche Berührung kamen,
zu erfahren Gelegenheit gehabt.“)
Der Bundesrat nahm in der Sitzung vom 23. Oktober 1879 die Mitteilung
von dem Ableben des Staatssekretärs v. Bülow mit Schmerz entgegen. Die Ver—
sammlung ehrte das Andenken des Verstorbenen durch Erheben von den Sitzen.
Minister des Innern Graf Fritz zu Eulenburg?)
(geboren 29. Juni 1815, gestorben 2. Juni 1881).
Als Bismarck bei Bildung seines ersten Ministeriums einen Minister
des Innern suchte, lenkte sich sein Auge alsbald auf den Grafen Friedrich
Eulenburg, dessen Geschick und hervorragende geistige Begabung ihm von früher
her bekannt waren. Graf Eulenburg sollte schon einige Monate vorher, beim
1) Der „Reichs= und Staatsanzeiger“ bemerkte zu der Meldung vom Ableben des
Staatssekretärs v. Bülow, daß die Hingebung für den Dienst und die unermüdliche
Thätigkeit, welche seine Gesundheit untergraben haben, ihm ein ehrendes Andenken sichern.
Nekrologe und sonstige Notizen über Bülow finden sich in der „Nat. Ztg.“ Nr. 489
v. 21. 10. 79, Nr. 490 v. 21. 10. 79, Nr. 493 v. 23. 10. 79, Nr. 500 v. 27. 10. 79,
Nr. 544 v. 21. 11. 79 und in der „Post“ Nr. 290 v. 22. 10. 79.
2) Als Sohn des im Jahre 1845 verstorbenen Rittmeisters Grafen Friedrich
Leopold zu Eulenburg geboren, begann er nach gründlicher Vorbildung im Justiz= und
Verwaltungsdienst seine Laufbahn in der Verwaltung als Regierungsassessor zu Merseburg,
wurde 1849 in das Ministerium des Innern berufen, trat aber 1851 in den diplomatischen
Dienst über und wurde zunächst zum Generalkonsul in Antwerpen, dann in Warschau.
ernannt. Im August 1859 wurde er als außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter
Minister bei den Höfen von China, Japan und Siam an die Spitze der nach den asiatischen
Gewässern bestimmten preußischen Expedition gestellt, um Freundschafts-, Handels= und
Schiffahrtsverträge mit Japan und China abzuschließen, wie sie dort mit den Vereinigten
Staaten von Amerika sowie mit Frankreich, England und Rußland abgeschlossen worden
waren, eine Aufgabe, die mit großen Schwierigkeiten verbunden war, weil man in den
beiden Ländern jeder Eingehung neuer Verträge widerstrebte. Nichtsdestoweniger kam,
dank dem Geschick und der Energie des Unterhändlers, der Vertrag mit Japan bereits am
24. Januar 1861 und der mit China am 2. Dezember desselben Jahres zu stande. Nach
Europa zurückgekehrt, trat Graf Eulenburg am 9. Dezember 1862 an Stelle von Jagows
als Minister des Innern in das Ministerium Bismarck-Roon ein. Die Anstrengungen und
Aufregungen seiner amtlichen Thätigkeit hatten im Jahre 1877 seine Gesundheit in so hohem
Grade erschüttert, daß er genötigt war, unterm 17. Oktober 1877 einen Urlaub auf die
Dauer von sechs Monaten anzutreten. Leider verwirklichte sich die Hoffnung auf völlige
Wiederherstellung nicht, so daß ihm auf seinen Antrag unter Allerhöchsten Gnadenbeweisen
am 30. März 1878 der Abschied gewährt wurde. Im Laufe der folgenden Jahre ent-
wickelte sich ein hochgradiges Nervenleiden, welchem er am 2. Juni 1881 erlag. — Dem
Hause der Abgeordneten gehörte er als Vertreter des 2. Wahlbezirks des Regierungsbezirks
Breslau (Militsch-Trebnitz) ununterbrochen vom Jahre 1866 bis zum Jahre 1877 an. —
Nekrolog Eulenburgs s. „Nat.-Ztg.“ Nr. 257 v. 3. 6. 81. „Post“ Nr. 150 v. 4. 6. 81.
„Unsere Minister“, S. 33—61. „Gartenlaube“ 1867, Nr. 18. „Aus der Wilhelmstraße"
S. 24—25. Eugen Richter, „Im alten Reichstag“, Bd. II, S. 25 u. 137.