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tretung und Verbreitung der Ansichten der Regierung in der Presse, indem er
die von Dr. Ludwig Hahn geleitete „Provinzial-Korrespondenz“ ins Leben rief
und in die Amtsblätter politische Artikel aufnehmen ließ. Dieserhalb angegriffen,
antwortete er am 26. Mai 1865 im Hause der Abgeordneten: „Als wir in
das Ministerium eintraten, waren die Herren in dem alleinigen Besitz der Presse;
jetzt bin ich im Mitbesitz, und aus diesem lasse ich mich weder hier noch sonst-
wo heraustreiben. Wenn Sie die beantragte Resolution annehmen, so sagen
Sie damit nichts anderes als: „Wir wollen hauen und stechen und die Re-
gierung soll nicht einmal pariren“. Darauf lasse ich mich nicht ein.“
In einem Gespräch Hans Viktor v. Unruhs mit Bismarck vor Ausbruch
des Krieges mit Oesterreich verlangte ersterer die Beseitigung Eulenburgs, „der
ein liebenswürdiger Mann sei, aber zum Minister des Innern sich doch wohl
nicht eigne und für einen Reaktionär gelte"“. Bismarck erwiderte, daß seine
Beseitigung schwer sei, da er sehr gut beim König stände. 1) Letzteres war
gewiß richtig, aber daß es nicht der alleinige Grund war, welcher Bismarck zur
Ablehnung der Zumutung Unruhs bestimmte, läßt sich aus einem Briefe Bis-
marcks an seine Schwester aus Versailles vom 4. Jannar 1871 schließen, )
in welchem es heißt:
„Ich habe Eulenburg gebeten, sich einen geschäftlichen Vorwand zum Her-
kommen auf einige Tage zu machen. Einmal, um unter den Uniformen einen
sympathischen Menschen zu sehen, und dann, weil ich von ihm Beistand gegen
das erobernde Eindringen der Soldateska in die Zivilgeschäfte erhoffe.“
In Sachen der Indemnität nach dem Kriege von 1866 stand Eulenburg
auf Bismarcks Seite. Am 4. August, spät abends, kehrte der König mit
Bismarck aus Böhmen zurück, am 5. sollte der Landtag eröffnet werden. Um
die Thronrede in Bezug auf den Punkt der Indemnität festzustellen, reiste Graf
zu Eulenburg dem Monarchen entgegen, und im Eisenbahnwagen wurde die
Thronrede im wesentlichen nach Bismarcks Intentionen festgestellt.
In den nächstfolgenden Jahren stand die Einführung der preußischen Ver-
waltung und Gesetzgebung in den neu erworbenen Provinzen im Vordergrunde;
dann aber richtete sich Eulenburgs Thätigkeit vornehmlich auf die Verwaltungs-
reform, bei der Dezentralisation, Selbstverwaltung und Rechtskontrolle die
leitenden Gesichtspunkte waren.
Auf diesen Grundlagen kam nach der Unterbrechung, welche der Krieg von
1870/71 herbeiführte, unter starkem Widerstand des Herrenhauses, der nur
durch die Berufung von fünfundzwanzig neuen Mitgliedern überwunden werden
konnte, im Jahre 1872 die Kreisordnung für die östlichen Provinzen zu stande,
welcher die Provinzialordnung (1875) sowie die Gesetze über die Verwaltungs-
1) Vgl. die von mir herausgegebenen Erinnerungen von Hans Viktor v. Unruh S. 247.
2) Abgedruckt in der „Zukunft“ 1897, Nr. 38.