Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

Protokollführer des Bundesrats, Geheimer Ober-Regierungsrat 
Michaölis!t) 
(geboren 12. September 1826, gestorben 8. Dezember 1890) 
wurde im Jahre 1876 einmal aushilfsweise mit der Führung des Protokolls 
beauftragt. Micha5blis war wohl die bedeutsamste Kraft, die Delbrück zur Ver- 
tretung seiner Handelspolitik in das Reichskanzler-Amt gezogen hatte. Derselbe 
gehörte während der Konfliktszeit im preußischen Abgeordnetenhause der Fort- 
schrittspartei an, beteiligte sich aber 1867 an der Gründung der national- 
liberalen Partei. Im Abgeordnetenhause verfaßte Michaölis besonders die 
wirtschaftlichen und handelspolitischen Referate, und er ging, da Bismarck 
damals noch freihändlerischen Tendenzen huldigte, in dieser Beziehung mit der 
Regierung Hand in Hand. Bismarck verfolgte seine damalige parlamentarische 
Thätigkeit sehr genau. Als es sich darum handelte, für den Handelsvertrag 
mit Frankreich die Genehmigung der gesetzgebenden Faktoren zu erhalten, ließ 
Delbrück den Abgeordneten Michablis, damals Redakteur der „National-Zeitung“, 
zu sich rufen und bemerkte ihm: „Ich gehe wohl in der Annahme nicht fehl, 
daß die „National-Zeitung“ für das Zustandekommen des deutsch-französischen 
Handelsvertrages eintreten wird. Um Sie in den Stand zu setzen, das aus 
voller Ueberzeugung und mit Kenntnis aller amtlichen Vorgänge thun zu können, 
will ich Ihnen gestatten, die über das Zustandekommen des Vertrags erwachsenen 
Ministerialakten einzusehen."“ 
Von dieser Erlaubnis machte Michaölis auch Gebrauch. 
Als 1867 an Delbrück die Aufgabe herantrat, das Bundeskanzler-Amt 
zu organisiren, fragte er Bismarck, ob derselbe ihm die Heranziehung von 
Michablis gestatte. In dem Berichte an den König, worin seine Anstellung 
im Bundeskanzler-Amt beantragt wurde, war ausdrücklich bemerkt, weshalb 
er 1849 aus dem Justizdienst entlassen worden war, daran anknüpfend wurde 
aber auf die hervorragenden Eigenschaften desselben hingewiesen, welche seine 
Gewinnung für den Reichsdienst erstrebenswert erscheinen ließen. 
1) Dr. Otto Michablis, geboren zu Lübbecke in der Provinz Westfalen. Studirte 
1844 bis 1847 in Bonn und Berlin Rechts= und Staatswissenschaften und trat im 
Herbst 1847 als Auskultator beim Oberlandesgericht zu Paderborn ein. 1849 wurde 
er wegen Preßvergehens angeklagt, zwar von den Geschworenen freigesprochen, aber vom 
Justizminister im Disziplinarwege aus dem Justizdienst entlassen. Er widmete sich nun 
dem Studium der Volkswirtschaft, siedelte im Spätherbst 1849 nach Berlin über, wo 
er unter Leitung von Prince-Smith seine volkswirtschaftliche Vorbildung vollendete. 1851 
Redakteur für volkswirtschaftliche und finanzielle Fragen bei der „Natinal-Zeitung“. 
1858 in Gotha Mitbegründer des Kongresses deutscher Volkswirte. 1863 gründete er mit 
J. Taucher zusammen die in Berlin erscheinende „Vierteljahrschrift für Volkswirtschaft und 
Kulturgeschichte.“
	        
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