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daß sie bis auf weiteres die entsprechenden Ausweise über ihre Verhältnisse
monatlich an das Reichskanzler-Amt gelangen lassen. 1)
Patentgesetzgebung.) In der Sitzung des Bundesrats vom 23. Juni
1875 wurde seitens Preußens ein Antrag auf Revision der Patentgesetzgebung
und Einberufung einer Enquéête zur Feststellung der Bedürfnisfrage gestellt.
Der Antrag ging von folgenden Erwägungen aus: Die dem Reiche durch
Artikel 4 Nr. 5 der Reichsverfassung überwiesene einheitliche Regelung der Ge-
setzgebung über die Erfindungspatente ist schon seit einer Reihe von Jahren im
Bundesrat, im Reichstag und durch Petitionen aus den Kreisen der Beteiligten
wiederholt in Anregung gebracht worden. Die mit dem gegenwärtigen Zustande
des Patentwesens in Deutschland verbundenen, von Jahr zu Jahr fühlbarer
werdenden Mißstände veranlassen die Königlich preußische Regierung, auf die
Dringlichkeit dieser Regelung hinzuweisen; die gedachte Regierung nimmt An-
stand, durch Vorlegung eines Gesetzentwurfs die Initiative zur Lösung der Frage
im Sinne eines der verschiedenen, von der Theorie aufgestellten und in der
Gesetzgebung den einzelnen deutschen und fremden Staaten zur Anwendung
gekommenen Systeme zu ergreifen, weil sie keines dieser Systeme in solchem
Grade für das den deutschen Verhältnissen allein entsprechende hält, um dasselbe,
den etwa entgegengesetzten Ansichten anderer Bundesstaaten gegenüber, mit Ent-
schiedenheit vertreten zu wollen. Sie ist daher der Ansicht, daß der Entwurf
eines deutschen Patentgesetzes unter Mitwirkung sämtlicher Bundesstaaten auf-
zustellen und daß die Grundlage für eine solche Arbeit, in analoger Weise wie
bei den legislativen Vorarbeiten für die Musterschutzgesetzgebung, durch gut-
achtliche Vernehmung hervorragender Vertreter der beteiligten Kreise im Wege
einer Enquête zu beginnen sei. Demgemäß ging der Antrag der preußischen
Regierung dahin: der Bundesrat wolle beschließen, daß behufs der Erörterung
derjenigen Verhältnisse, welche bei der gesetzlichen Regelung des Patentwesens
in Betracht zu ziehen sind, eine Enquéête angestellt werde.
Der Bundesratsausschuß für Handel und Verkehr richtete einen Antrag
an den Bundesrat dahin: „1. daß behufs der Erörterung derjenigen Verhältnisse,
welche bei der gesetzlichen Regelung des Patentwesens in Betracht zu ziehen sind,
auf Kosten des Reichs eine Enquöête stattfinde und zwar in der Weise, daß
einzelne zur Beurteilung jener Verhältnisse besonders geeignete Persönlichkeiten
nach vorgängiger schriftlicher Mitteilung der hauptsächlichsten Fragepunkte durch
den Bundesratsausschuß für Handel und Verkehr, unter Zuziehung von Kom-
missarien des Reichskanzler-Amts mündlich vernommen werden; 2) daß die
Vorbereitungen dieser Enquête, insbesondere die Auswahl der Sachverständigen,
1) Bundesratsverhandlungen über die Zusammensetzung des Reichsbankkuratoriums
s. „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 62 v. 14. 3. 76 und Nr. 67 v. 19. 3. 76.
2) ck. Bd. II. S. 155.