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eintausend Mark. 8 126a erhielt die Gestalt: „wer unwahre Thatsachen, welche
eine die öffentliche Ruhe und Sicherheit gefährdende Aufregung zu veranlassen
geeignet sind, mit dem Bewußtsein ihrer Unwahrheit öffentlich behauptet oder
verbreitet, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft.“ Hier war hinter
Unwahrheit ausgemerzt worden: „oder doch ohne zureichende Gründe sie für
wahr zu halten.“ 8 353a (der Arnim-Paragraph) wurde in der Weise ver—
schärft, daß die Bestrafung eines Beamten des Auswärtigen Amts wegen Un—
gehorsam, Mißbrauch der amtlichen Stellung 2c. nur dann mit Gefängnis oder
Geldstrafe bis zu 6000 Mark erfolgen sollte, sofern nicht nach anderen Bestim—
mungen eine schwerere Strafe verwirkt ist.
Im großen und ganzen hatte der Entwurf nur unwesentliche Aenderungen
erfahren, fast alle Vorschläge waren gutgeheißen worden, mit Ausnahme der
Friedensbürgschaft, die verworfen wurde. Unterzeichnet war der Bericht von:
Friedberg, Loë, Held, Heß, Finger, v. Liebe, Krüger.
In der Bundesratssitzung vom 17. November 1875, in welcher der
bayerische Staats- und Justizminister Dr. v. Fäustle den Vorsitz führte, wurden
die Vorschläge des Ausschusses im wesentlichen angenommen. Ferner wurde
der erst im Verlauf der Verhandlungen eingebrachte Antrag Preußens auf ver-
schärfte Strafnormen wegen Ausschreitungen gegen Exekutivbeamte, Forst= und
Jagdbeamte angenommen, dagegen ein in demselben Stadium eingebrachter
badischer Antrag auf Bestrafung von Pflichtversäumnissen solcher Personen, welche
fremde Kinder unter einem Jahr in Pflege nehmen, 1) abgelehnt.
Ueber die Dispositionen der einzelnen Bundesregierungen ist noch folgendes
zu bemerken:
Der bayerische Bevollmächtigte bemerkte, es möchte dem Gedanken Ausdruck
gegeben werden, daß es sich rechtfertigen dürfte, die Revision im gegenwärtigen
Augenblicke möglichst auf diejenigen Punkte zu beschränken, wo das sofortige
Revisionsbedürfnis außer Zweifel erscheine. Eine solche Beschränkung werde sich
schon um deswillen empfehlen, weil mit der Zeit eine allgemeine Revision des
Strafgesetzbuchs doch unvermeidlich sei. Dieser letzteren dürften alle minder
dringenden Gegenstände um so mehr vorzubehalten sein, als es nur hierbei
möglich sein werde, die Revision umfassend und systematisch vorzunehmen, die
MWünsche aller Bundesregierungen eingehend zu würdigen und vielleicht auch
noch vor der Antragstellung an den Bundesrat das Gutachten einer besonderen
Fachmännerkommission einzuholen.
Der württembergische Bevollmächtigte erklärte, seine Regierung hätte,
abgesehen von ihrer Ansicht zu einzelnen Paragraphen, gewünscht, daß die durch
den Bundesratsbeschluß vom 21. Februar 1874 eingeleitete Revision des Straf-
1) Der Wortlaut beider Anträge findet sich abgedruckt in der „Nat-Ztg.“ Nr. 535
v. 17. 11. 75 und in der „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 269 v. 18. 11. 75.
Poschinger, Fürst Bismarck und der Bundesrat. III. 15