Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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eintausend Mark. 8 126a erhielt die Gestalt: „wer unwahre Thatsachen, welche 
eine die öffentliche Ruhe und Sicherheit gefährdende Aufregung zu veranlassen 
geeignet sind, mit dem Bewußtsein ihrer Unwahrheit öffentlich behauptet oder 
verbreitet, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft.“ Hier war hinter 
Unwahrheit ausgemerzt worden: „oder doch ohne zureichende Gründe sie für 
wahr zu halten.“ 8 353a (der Arnim-Paragraph) wurde in der Weise ver— 
schärft, daß die Bestrafung eines Beamten des Auswärtigen Amts wegen Un— 
gehorsam, Mißbrauch der amtlichen Stellung 2c. nur dann mit Gefängnis oder 
Geldstrafe bis zu 6000 Mark erfolgen sollte, sofern nicht nach anderen Bestim— 
mungen eine schwerere Strafe verwirkt ist. 
Im großen und ganzen hatte der Entwurf nur unwesentliche Aenderungen 
erfahren, fast alle Vorschläge waren gutgeheißen worden, mit Ausnahme der 
Friedensbürgschaft, die verworfen wurde. Unterzeichnet war der Bericht von: 
Friedberg, Loë, Held, Heß, Finger, v. Liebe, Krüger. 
In der Bundesratssitzung vom 17. November 1875, in welcher der 
bayerische Staats- und Justizminister Dr. v. Fäustle den Vorsitz führte, wurden 
die Vorschläge des Ausschusses im wesentlichen angenommen. Ferner wurde 
der erst im Verlauf der Verhandlungen eingebrachte Antrag Preußens auf ver- 
schärfte Strafnormen wegen Ausschreitungen gegen Exekutivbeamte, Forst= und 
Jagdbeamte angenommen, dagegen ein in demselben Stadium eingebrachter 
badischer Antrag auf Bestrafung von Pflichtversäumnissen solcher Personen, welche 
fremde Kinder unter einem Jahr in Pflege nehmen, 1) abgelehnt. 
Ueber die Dispositionen der einzelnen Bundesregierungen ist noch folgendes 
zu bemerken: 
Der bayerische Bevollmächtigte bemerkte, es möchte dem Gedanken Ausdruck 
gegeben werden, daß es sich rechtfertigen dürfte, die Revision im gegenwärtigen 
Augenblicke möglichst auf diejenigen Punkte zu beschränken, wo das sofortige 
Revisionsbedürfnis außer Zweifel erscheine. Eine solche Beschränkung werde sich 
schon um deswillen empfehlen, weil mit der Zeit eine allgemeine Revision des 
Strafgesetzbuchs doch unvermeidlich sei. Dieser letzteren dürften alle minder 
dringenden Gegenstände um so mehr vorzubehalten sein, als es nur hierbei 
möglich sein werde, die Revision umfassend und systematisch vorzunehmen, die 
MWünsche aller Bundesregierungen eingehend zu würdigen und vielleicht auch 
noch vor der Antragstellung an den Bundesrat das Gutachten einer besonderen 
Fachmännerkommission einzuholen. 
Der württembergische Bevollmächtigte erklärte, seine Regierung hätte, 
abgesehen von ihrer Ansicht zu einzelnen Paragraphen, gewünscht, daß die durch 
den Bundesratsbeschluß vom 21. Februar 1874 eingeleitete Revision des Straf- 
1) Der Wortlaut beider Anträge findet sich abgedruckt in der „Nat-Ztg.“ Nr. 535 
v. 17. 11. 75 und in der „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 269 v. 18. 11. 75. 
Poschinger, Fürst Bismarck und der Bundesrat. III. 15
	        
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