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3. Vräsidium (Reichsbeamte).
Ende Dezember 1875 überreichte der Kanzler dem Bundesrat einen Gesetz-
entwurf, betreffend die Vernehmung des Reichskanzlers, der Mi-
nister :2c.1!) Ueber die Beratung desselben im Bundesrat hat niemals etwas
verlautet; auch gelangte der Entwurf nicht an den Reichstag.2)
4, Reichstag.
Reisekosten und Diääten der Abgeordneten. Den kurz vor
Schluß des Jahres 1875 gefaßten Beschluß des Reichstags auf Gewährung
von Reisekosten und Diäten an die Mitglieder des Reichstags (Antrag des
Abgeordneten Dr. Schulze-Delitzsch) überwies der Bundesrat seinem Ausschusse
für die Verfassung. Bei der Reichstagsverhandlung blieb der Bundesrat stumm.
Der Präsident des Reichskanzler-Amts, der allein an dem Tische des Bundes-
rats zu sehen war, schien Mühe zu haben, seine Aufmerksamkeit auf den ver-
handelten Gegenstand zu konzentriren. Der vom Reichstag beschlossene Gesetz-
entwurf, betreffend die Abänderung des Art. 32 der Verfassung des Deutschen
Reichs, erhielt denn auch die Genehmigung des Bundesrats nicht.
Verhaftung von Reichstagsabgeordneten (Antrag Hover-
beck). Am 17. Dezember 1874 hatte der Reichstag über den sogenannten
Fall Majunke folgenden Beschluß gefaßt: „Behufs Aufrechthaltung der Würde
des Reichstags ist es notwendig, im Wege der Deklaration respektive Ab-
änderung der Verfassung die Möglichkeit auszuschließen, daß ein Abgeordneter
während der Dauer der Sitzungsperiode ohne Genehmigung des Reichstags
verhaftet werde.“ Diese Resolution war bereits im Dezember 1874 den Aus-
schüssen für Verfassung und Justizwesen vom Bundesrat überwiesen worden.
Diese Ausschüsse hatten nun beim Plenum des Bundesrats beantragt, dahin zu
beschließen, daß das in der erwähnten Resolution des Reichstags enthaltene
Verlangen auf eine „Abänderung" der Verfassung — nicht auf eine Deklaration
des Art. 31 — gehe, daß es aber mit den allgemeinen und für alle Staats-
1) Derselbe findet sich abgedruckt in der „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 300 vom 24. De-
zember 1875 und in der „Nat.-Ztg.“ Nr. 597 vom 23. Dezember 1875.
2) Bundesratsverhandlungen über den Gesetzentwurf, betreffend die Pensionen für
Witwen und Waisen für Reichszivilbeamte, s. „Nat.-Ztg.“ Nr. 535 vom 17. November 1875;
über den Entwurf einer Verordnung, betreffend die Pensionen und Kautionen der Reichsbank-
beamten, Nr. 583 vom 15. Dezember 1875; über den Entwurf eines Gesetzes, betreffend
die Anstellung von Militäranwärtern im Privateisenbahndienste, Nr. 143 vom 25. März
1876, betreffend die Vergütungen für die Hinterbliebenen der im Zollvereinsdienst ver-
storbenen Beamten, „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 57 vom 8 März 1876; betreffend die Kautions-
verhältnisse der Beamten der Militär= und Marineverwaltung, Nr. 58 vom 9. März 1876.