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Präsidenten des Reichs-Eisenbahn-Amts nach dem Austritt Maybachs, seinem
Wunsche gemäß, zwölf Jahre nicht wieder besetzt wurde (Geheimer Rat Körte
war nur kommissarisch mit der Leitung betraut und sein Nachfolger Dr. Schulz
hatte es nach der ausdrücklichen Instruktion Bismarcks ganz in Maybachs Sinn
zu verwalten), so konnte man sagen, daß Mahbach als ein unbeschränkter
Eisenbahnkönig regierte.
Zur Kennzeichnung der Eisenbahnpolitik Bismarcks und Maybachs ist noch
Folgendes zu bemerken:
Um mit dem Reichs-Eisenbahnprojekte ernst zu machen, setzten dieselben
zunächst das preußische Gesetz vom 4. Juni 1876, betr. die Uebertragung des
Eigentums= und der sonstigen Rechte des Staates an Eisenbahnen auf das Reich
(Preuß. Ges.-Samml. S. 161), durch. Als aber die Ausführung dieses Ge-
dankens an dem Widerspruche der deutschen Bundesstaaten scheiterte, verlangte
Bismarck, daß wenigstens der preußische Staats, sich in den Besitz eines großen
Eisenbahnkomplexes setze, bezw. die dominirenden Linien erwerbe (Votum
Bismarcks vom 7. Februar 1879).1) Dieses Programm wurde seitdem von
Bismarck als Richtschnur seiner Eisenbahnpolitik festgehalten und von dem
Minister Maybach mit glänzendem Erfolge durchgeführt. ) Die finanzielle
Bedeutung der Staats-Eisenbahnpolitik fand in den wachsenden Erträgnissen
der Staatsbahnen und den günstigen Betriebsabschlüssen der letzten zehn Jahre
von Bismarcks Amtsthätigkeit eine unwiderlegliche Bestätigung. Der Betriebs-
etat, mit welchem die Staats-Eisenbahnverwaltung für 1889/90 wirtschaftete,
schloß in Einnahme mit rund 775 Millionen Mark ab.
Unbeirrt verfolgte Maybach sein Ziel, manche persönliche Interessen, sagte
er, würden verletzt werden, die der Direktoren und der Börse. „Aber ich
rechne es mir gerade als Verdienst an, in dieser Beziehung die Thätigkeit der
Börse zu beschränken. Ich glaube, daß die Börse hier als ein Giftbaum wirkt.
der auf das Leben der Nation seinen verderblichen Schatten wirft, und dem
die Wurzel zu beschneiden und die Aeste zu nehmen ein verdienstliches Werk
der Regierung ist.“ Es gab einen Aufruhr nach dieser Rede im Abgeordneten-
hause. Abgeordneter Richter lieh der Erregtheit der einen Seite des Hauses
Worte durch eine Rede, die mit den Worten schloß: „Der Herr Minister hat
uns nur bewiesen, daß er keine blasse Ahnung von dem Wesen der Börse hat.“
1) Aktenstücke, Bd. J. S. 303.
2) Verkündigung des Programms durch Maybach in der Sitzung des Abgeordneten-
hauses vom 13. Febr. 1879, a. a. O. S. 304; der entscheidende Schritt zur Konsolidation des
preußischen Staatsbahnnetzes erfolgte durch Maybach am 29. Okt. 1879, a. a. O. S. 314
und am 15. u. 31. Jan. 180, a. a. O.S S. 322. Die Natur der Dinge verlangte, daß Maybach
die finanziellen Verstaatlichungsfragen allein mit dem Finanzminister besprach. Ja selbst
der Monarch verzichtete auf vorgängige Kenntnis der einzelnen Transaktionen. Nur so war
es möglich, alle unlauteren Spekulationen auszuschließen.