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Eine Weiterentwicklung und Zuspitzung des damals ausgebrochenen Konfliktes
wurde dadurch verhütet, daß der Bundesrat den betreffenden Beschluß modifizirte.“
Bei Gelegenheit der Beratung der Reichsjustizgesetze brachte der „Reichs-
anzeiger“ eine Notiz über die Beteiligung der Bundesbevollmächtigten an der
zweiten Lesung derselben im Reichstag, worauf hier aufmerksam gemacht werden
soll. Der Bundesbevollmächtigte preußische Justizminister Dr. Leonhardt hatte
bei den betreffenden Reichstagsverhandlungen, an denen er teilnahm, seine
Erklärungen mit den Worten eingeleitet, daß es den verbündeten Regierungen
schwer falle, sich noch an der Debatte zu beteiligen, da die Beschlüsse in zweiter
Lesung doch im voraus festzustehen schienen. Da diese Annahme sich thatsächlich
mehr und mehr bestätigte, so war die Vertretung der Regierungsauffassungen
nur noch den Kommissaren überlassen worden. In der Presse hatte man dies
Verfahren als eine Gleichgültigkeit gegen das Zustandekommen der Gesetze
dargestellt; „aber billigerweise kann man ein Eingreifen des Bundesbevoll-
mächtigten in die Verhandlungen nur als notwendig und angemessen bezeichnen,
falls eine Aussicht auf Berücksichtigung der von ihnen vertretenen Gesichtspunkte
vorhanden ist. Wenn dagegen, wie ausdrücklich erklärt worden ist, bei der
zweiten Lesung vorzugsweise taktische Motive für die Beschlüsse des Reichstags
den Ausschlag geben, so kann man es wohl den Bundesbevollmächtigten nicht
verargen, daß sie auf eine unmittelbare Beteiligung verzichten. Sie ziehen es
vor, ihr weiteres persönliches Eintreten für die dritte Lesung vorzubehalten."
Erwähnen wir noch eine Reichstagsrede Bismarcks vom 13. März 1877,
worin er bemerkte, daß die Errichtung von Reichsministerien voraussichtlich an
dem Widerspruch des Bundesrats scheitern würde. 1) Bei derselben Gelegenheit
bestritt Bismarck, daß der Reichskanzler nach der Verfassung Mitglied des Bundes-
rats sein müsse. „Nach der Verfassung führt er den Vorsitz in demselben, und
insoweit ein Vorsitz ohne Mitgliedschaft denkbar ist, wäre es auch möglich, daß
er nicht Mitglied wäre. Ich würde es für unzweckmäßig halten, aber mir
kommt es hier nur an auf die Theorie unserer Verfassung, so wie sie mir
vorschwebt."“
Die „Schlesische Zeitung“ Nr. 878 vom 15. Dezember 1876 bemerkte zu
1) „Daß der Bundesrat zu Gunsten von solchen Reichsministern, wie sie vorschweben,
Rechte aufgeben müßte, ist ja ganz klar; diese Rechte sind aber verfassungsmäßig verbürgt
und können nur unter Zustimmung der Regierungen modifizirt werden. Ist diese Zustim-
mung wahrscheinlich zu erreichen? Sie wissen, daß 14 Stimmen im Bundesrat verfassungs-
mäßig dazu hinreichen, um eine Verfassungsänderung zu hindern. Man kann das beklagen,
aber es ist Thatsache und verfassungsmäßiges Recht bei uns. Sind Sie nicht alle über-
zeugt, daß diese 14 Stimmen zum Widerspruch gegen eine Einrichtung, durch welche der
Einfluß der einzelnen Regierung wesentlich beeinträchtigt würde, sich so, wie die Sachen
heute liegen, unbedingt finden würden? Ich bin davon überzeugt, und ich mag durch
dieses Experiment diesen Widerspruch nicht auf die Probe stellen.“