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die Unabhängigkeit des Reichs bezweckenden Steuervorlagen, die Organisation der
Reichsregierung (Stellvertretungsgesetz), die Vorbereitung des Sozialistengesetzes
durch Auflösung des Reichstags (Juni 1878) und die Wendung der Zoll—
politik der Reichsregierung (Mai 1879). Auch nahm Stößer teil an den
Verhandlungen über das Tabaksteuergesetz, das Sperrgesetz, die Eisenbahntarif-
frage und die neue Verwaltungsorganisation für Elsaß-Lothringen. In geschäft-
liche Beziehungen zu Bismarck, der stets der Gegenstand seiner innigsten Ver-
gehrung war und bis zur Stunde geblieben ist, zu treten, war Stößer nicht
vergönnt; doch fand derselbe in seinen parlamentarischen Soiréen stets freund-
liche Aufnahme und wohlwollende Aufmerksamkeit.
Präsident des Ministeriums des Großherzoglichen Hauses
und der Justiz Dr. v. Grimm
(geboren 2. Februar 1830).
Dr. Karl v. Grimm, geboren zu Karlsruhe. 1873 bis 1877 Reichstagsabgeordneter,
Mitglied der nationalliberalen Fraktion. 1875/|76 Mitglied der Reichsjustizkommission,
1876 bis 1881 Präsident des Großherzoglich badischen Ministeriums des Großherzoglichen
Hauses und der Justiz. In dieser Zeit als Ressortchef thätig in den gesetzgeberischen
Arbeiten zur Einführung der Reichsjustizgesetzgebung in Baden. Seit 1894 Mitglied des
Kolonialrats.
Ministerialrat im Ministerium des Großherzoglichen Hauses
und der Justiz Dr. Bingner
(geboren 1830).
Dr. A. Bingner, geboren zu Karlsruhe als Sohn eines badischen Beamten,
widmete sich dem badischen Justizdienst und erlangte im Jahre 1866 die Stelle eines
vortragenden Rates (Ministerialrats) in dem badischen Justizministerium. Im Jahre 1873
wurde er in die von dem Bundesrat niedergesetzte Kommission zur Vorbereitung der
Strafprozeßordnung berufen, in welcher er insbesondere für das projektirte Schöffensystem
eintrat; im Jahre 1876 wirkte er als (stellvertretender) badischer Bundesratsbevollmächtigter
bei Feststellung der im Reichstag beratenen Reichsjustizgesetze mit; im Jahre 1879 wurde
ihm bei Errichtung des Reichsgerichts die Stelle eines Senatspräsidenten übertragen, welche
er als Vorsitzender des rheinischen Zivilsenats noch jetzt inne hat. Zu unmittelbarem
geschäftlichen Verkehr mit dem auch von ihm hochverehrten Fürsten Bismarck bot sich ihm
keine Gelegenheit, jedoch wurden ihm in Berlin sowie auch später noch einmal in Kissingen
Einladungen zu teil, die ihm ein bleibendes, höchst wertvolles Andenken bilden.
Neben seinem Dienste war Bingner auch literarisch thätig; insbesondere sind von ihm
Kommentare zu badischen Gesetzen und umfassende Bemerkungen zu dem Entwurfe des
bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich im Druck erschienen.