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haben, betreffen, aufzuheben; daß ferner nach der durch Kündigung herbei—
zuführenden Beendigung der mit der freien Stadt Bremen unterm 26. Januar
1856 und 14. Dezember 1875 geschlossenen Verträge bei der Neuregulirung
der Verhältnisse des Hauptzollamts zu Bremen bezüglich des streitig gewordenen
Punktes das Nötige wahrzunehmen, und daß endlich von legislativen Maß-
regeln in dieser Materie von jetzt Abstand zu nehmen sei.
Der Bundesrat beschloß in diesem Sinne.
Gewerbeordnung. Erhebungen über die Arbeiterverhält-
nisse. Wie erinnerlich, 1) waren durch Beschluß des Bundesrats vom 19. Fe-
bruar 1875 die Bundesregierungen veranlaßt worden, über die Lage der
Arbeiterverhältnisse in den Handwerksgewerben und im Fabrikwesen nach Maß-
gabe eines durch den Bundesrat festgestellten Programms eingehende Er-
hebungen anzustellen. Diese Ermittelungen fanden im Laufe des Jahres 1875
statt und erstreckten sich mit alleiniger Ausnahme von Elsaß-Lothringen auf das
ganze Bundesgebiet. Die Sachverständigen waren ganz überwiegend aus dem
Stande der Arbeitgeber (Fabrikbesitzer und Meister) oder der Arbeitnehmer
(Fabrikarbeiter und Gesellen) und zwar unter Berücksichtigung der verschiedenen,
in dem gewerblichen Leben vertretenen Richtungen, ausgewählt. Da aber Kreise
des gewerblichen Lebens in allen Teilen Deutschlands berücksichtigt werden
mußten, um ein vollständiges und objektives Bild der betreffenden Verhältnisse
zu gewinnen, war ein außerordentlich großer Umfang der Arbeiten geboten.
Nach der jetzt dem Bundesrat vorgelegten Uebersicht hatten an 559 Orten
Vernehmungen stattgefunden und allein über die Fragen, die sich auf das
Lehrlingswesen bezieben, wurden mehr als 4000 Arbeitgeber und mehr als
2000 Arbeitnehmer gehört. 2)
Ausführung von § 16 der Gewerbeordnung. Der § 16 der
Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869 zählte eine Anzahl von gewerblichen
Anlagen auf, welche durch die örtliche Lage oder durch die Beschaffenheit der
Betriebsstätte für die Besitzer oder Bewohner der benachbarten Grundstücke oder
für das Publikum überhaupt erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen
herbeiführen können, und zu deren Errichtung deshalb die Genehmigung der nach
den Landesgesetzen zuständigen Behörden erforderlich ist. Der § 16 gestattet
ferner, daß das durch das Gesetz festgesetzte Verzeichnis je nach Eintritt oder
Wegfall der gedachten Voraussetzung durch Beschluß des Bundesrats vorbehaltlich
1) cf. S. 95.
2) Ueber das Ergebnis der Enquête vgl. die „Prov. Corresp.“ Nr. 44 v. 1. 11. 76
und die „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 260 v. 5. 11. 76 und Nr. 92 v. 21. 4. 77. In
Betreff der Enquête über die Frauen= und Kinderarbeit vgl. die „Nat.-Ztg.“ Nr. 345
v. 27. 7. 76.
Poschinger, Fürst Bismarck und der Bundesrat. III. 19