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du gerufen wirst.“ Das Wort wandte Maybach demnächst auch auf den
Kanzler an.
Wenige Wochen vor dem Rücktritt Bismarcks reproduzirte die „Voss. Ztg.“
aus dem „Frankf. Journal“ ein Telegramm über Gerüchte, als ob Herr v. May-
bach neuerlich seine Demission eingereicht, der Kaiser dieselbe aber nicht ange-
nommen habe. Das fortschrittliche Blatt gab dazu einen Kommentar, in welchem
es ausführte, „der Grund für ein etwaiges Entlassungsgesuch des Ministers sei
in dem Verhältnisse desselben zu dem Reichskanzler zu suchen.“
Die von dem „Frankf. Journal“ gebrachte Nachricht war zwar irrig, sie
beruhte aber auf einem entschuldbaren Irrtum. Herr v. Maybach hatte vor
längerer Zeit sich mit dem Gedanken getragen, sein Portefeuille niederzulegen.
Die Frage war aber nicht bis an Se. Majestät gekommen, da es dem Fürsten
Bismarck gelang, Herrn v. Maybach zum Verzicht auf seine Abschiedsgedanken
zu bewegen.
Ein weniger entschuldbarer Irrtum aber war es, wenn die „Voss. Ztg."
behauptete, der Entschluß Herrn v. Maybachs, zu demissioniren, habe in einem
ursächlichen Zusammenhange mit seinem Verhältnis zum Reichskanzler gestanden.
„Soweit das genannte Blatt nicht in bösem Glauben handelt,“ — bemerkte die
„Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 87 vom 21. Febr. 1890 — „macht es sich einer
geradezu komischen Unwissenheit bezüglich der Verhältnisse und Personen schuldig,
über die es seine Leser zu belehren unternimmt. Wer auch nur entfernt mit
unserer ministeriellen Situation bekannt ist, weiß, daß gerade zwischen Herrn
v. Maybach und dem Reichskanzler die intimsten persönlichen und politischen
Beziehungen bestehen und jederzeit bestanden haben, und daß Herr v. Maybach
nur im Hinblick auf diese sich hat bestimmen lassen, seinen Rücktrittsgedanken
für jetzt keine weitere Folge zu geben.
„Es ist schwer für ein Blatt, einen stärkeren Beweis von Unbekanntschaft
mit den Dingen, über die es schreibt, zu geben, als die „Voss. Ztg.“ in
diesem Falle gethan hat."
Vor dem Ausscheiden Bismarcks aus seinen Aemtern legte derselbe in der
Sitzung des Staatsministeriums vom 17. März 1890 den Ministerkollegen die
Notwendigkeit der bekannten Kabinetsordre vom Jahre 1852 dar. Semtliche
Minister erklärten sich hiermit einverstanden, später änderten aber die meisten
derselben ihre Ansicht, und nur Scholz und Maybach gaben den Entschluß
kund, die Konsequenzen ihres Votums zu ziehen. 1)
Auch nach Bismarcks Entlassung blieb Maybach mit demselben im schrift-
lichen und persönlichen Verkehr. Mit Ausnahme des Jahres 1896, da May-
bach durch Badereisen verhindert war, machte er dem Altreichskanzler alljährlich
einen Besuch in Friedrichsruh.
1) Kohls Bismarck-Regesten Bd. II. S. 498.