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Arbeiter sind entlassen, überall sind die Löhne reduzirt. Die Fabrikatpreise sind
schon jetzt vielfach niedriger als die Selbstkosten und gehen trotzdem noch von
Tag zu Tag herunter. Kurz, die Existenz der Eisenindustrie ist ernstlich ge-
fährdet und ein Ende dieses traurigen Zustandes, der schwer auf unserer ganzen
Gegend lastet, ist noch gar nicht abzusehen:
In dieser unerhört traurigen Lage soll nun nach dem Gesetz vom 7. Juli
1873 vom 1. Januar 1877 ab noch der völlige Wegfall der Eisenzölle hinzu-
treten. Unsere Eisenindustrie wird diesen neuen Stoß nicht aushalten können.
Sobald die Zölle gefallen sind, werden unsere Nachbarländer, die ihre eigene
Industrie durch hohe Schutzzölle gegen die Konkurrenz unserer Industrie geschützt
haben, unser Land mit ihren Fabrikaten überschwemmen und damit unserer
Industrie den Todesstoß geben.
Das Gesetz vom 7. Juli 1873 ist zu einer Zeit erlassen, als die gegen-
wärtige Notlage noch nicht vorhanden und auch noch nicht vorauszusehen war,
— wir zweifeln nicht, daß die eingetretenen veränderten Verhältnisse auch zu
einer Aenderung des Gesetzes führen müssen und werden.
Durchlaucht!
So, wie uns, geht es allen deutschen Eisenindustriebezirken; es handelt
sich nicht allein um uns, sondern um die gesamte deutsche Eisenindustrie. Wir
können es nicht glauben, daß Deutschland im Augenblicke der höchsten Not
seine wichtige und bedeutende, im schwersten Kampf um ihre Existenz ringende
Eisenindustrie dem Auslande schutzlos preisgeben wird, während die Nachbar-
länder gegen uns versperrt bleiben und vielfach sogar noch damit umgehen,
uns durch Zollerhöhungen den Eingang noch mehr wie bisher zu verschließen.
Wir halten es für die dringendste Pflicht aller an unserer Gesetzgebung beteiligten
Faktoren, ein solches Landesunglück zu verhüten und demgemäß noch vor dem
1. Januar 1877 die Verlängerung und Aufrechthaltung der bestehenden Eisen-
zölle und die Aufhebung der entgegenstehenden Bestimmungen des Gesetzes vom
7. Juli 1873 zu beschließen. ·
Eure Durchlaucht bitten wir ehrerbietigst,
bei dem hohen Bundesrat die Vorlegung eines solchen Gesetzentwurfs
an den demnächst zusammentretenden Reichstag hochgeneigtest beantragen
und befürworten zu wollen.“
In dem „Siegener Anzeiger“ veröffentlichte Herr Ad. Kreutz, Bruder des
gleichnamigen Reichstagsabgeordneten, folgenden Auszug aus einem Briefe des
Vorsitzenden des Vereins deutscher Eisen= und Stahlindustrieller vom 3. No-
vember 1876:
„Im Anschluß an mein Schreiben vom 30. Oktober benachrichtige ich Sie
ergebenst, daß ich heute die Herren Staatsminister Hofmann und Achenbach
besucht und von ihnen erfahren habe, daß auf eine Unterstützung unserer Be-