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daß neuerdings zwischen den Verwaltungen der deutschen Privateisen-
bahnen unter Teilnahme der Mehrzahl der Staatsbahnverwaltungen
Verhandlungen stattgefunden haben, aus denen Vorschläge für ein
Tarifsystem hervorgegangen sind, welche sich in vielen wichtigen Punkten
an jene Grundzüge anschließen,
beschließt der Bundesrat:
1. Vom Standpunkte des Reichs ist gegen die Einführung des aus den
Beratungen von Verwaltungen deutscher Staats= und Privatbahnen
hervorgegangenen Tarifschemas im allgemeinen mit der Maßgabe nichts
zu erinnern, daß die Zahl der Spezialtarife drei nicht überschreiten
darf und die Feststellung der Maximaltarifsätze durch die Landes-
regierungen vorbehalten bleibt.
2. Zugleich wird die Erwartung ausgesprochen:
a) daß über die Zahl der Spezialtarife und über die Einreihung der
Frachtgegenstände in diese Tarife eine Einigung erzielt wird;
b. daß bei Feststellung der den einzelnen Eisenbahnen nach Maßgabe
ihrer besonderen Verhältnisse unter Vorbehalt periodischer Revision
vorzuschreibenden Maximalsätze für die verschiedenen Tarifklassen
und bei Einreihung der Frachtgegenstände in dieselben nach Maß-
gabe des Art. 45 der Verfassung und der bisherigen Beschlüsse
des Bundesrats eine Mehrbelastung des Verkehrs thunlichst ver-
mieden, vielmehr auf die möglichste Erleichterung desselben und
namentlich auf die Beseitigung der durch Bundesratsbeschluß vom
11. Juni 1874 zugelassenen provisorischen Frachtzuschläge, soweit
die Betriebs= und Finanzverhältnisse der betreffenden Bahn es ge-
statten, Bedacht genommen wird;
0) daß vorbehaltlich konzessionsmäßiger Rechte die Einführung von
Ausnahmetarifen sowie von Differenzialtarifen von der Genehmi-
gung der Aufsichtsbehörde abhängig gemacht wird.
3. Der Reichskanzler wird ersucht, zum 1. Oktober 1877 feststellen zu
lassen, in welchem Umfange das System zur Einführung gekommen
ist, und von dem Resultate dem Bundesrat Kenntnis zu geben.
4. Die beteiligten Regierungen werden ersucht, spätestens am 1. Januar
1880 von dem praktischen Erfolge des von ihnen durchgeführten
Tarifsystems dem Reichskanzler behufs Vorlage an den Bundesrat zu
dessen weiterer Beschlußnahme insbesondere auch darüber, ob als
Grundlage eines einheitlichen Tarifsystems eine allgemeine offene
Wagenladungsklasse einzuführen sei, eingehende Mitteilung zu machen.
Die Ausführung dieses Beschlusses wurde alsbald von den Landesregie-
rungen in die Hand genommen.