11. Elssaß-lothringische Angelegenheiten.
Die Landesgesetzgebung von Elsaß-Lothringen. Anfangs
Oktober 1876 unterbreitete Bismarck dem Bundesrat den Entwurf eines Gesetzes
über die Landesgesetzgebung von Elsaß-Lothringen. Derselbe ging dahin, daß
die Landesgesetze für Elsaß-Lothringen in Angelegenheiten, welche nicht verfassungs-
mäßig der Reichsgesetzgebung vorbehalten sind, in Zukunft nach Begutachtung
des Landesausschusses lediglich durch den Kaiser unter Mitwirkung des Bundes-
rats erlassen werden sollten, wonach also die bisher erforderliche Zustimmung
des Reichstags in Fortfall kam. 1)
Der Bundesratsausschuß beantragte die Annahme des Entwurfs, welche
in der Sitzung des Bundesrats vom 4. Januar 1877 erfolgte.
Gesetz vom 2. Mai 1877 (Reichs-Gesetzbl. S. 491).
Veränderungen in der obersten Verwaltung von Elsaß-
Lothringen. Durch die oben (S. 315) mitgeteilte Abtrennung der Zentral-
verwaltung von Elsaß-Lothringen von dem Reichskanzler-Amt und die Ernennung
des bisherigen Direktors zum Unterstaatssekretär hatte der Bundesrat
weder in den Befugnissen des Oberpräsidenten in Straßburg noch in denen
des Reichskanzlers etwas geändert. )
v. 11. 3. 77, „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 60 v. 13. 3. 77, Ausschußantrag, betreffend die
Verlegung des Etatsjahres für den Reichshaushalt und die Bereitstellung der Geldmittel
zu den Reichsausgaben für das Vierteljahr vom 1. Januar bis 31. März 1877, Nr. 110
der Drucks. in der S. 144 Note erwähnten Quelle, Uebersicht der ordentlichen Ausgaben
und Einnahmen des Reichs pro 1875 „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 233 v. 23. 9. 76, Nach-
weisung der vom Reich erworbenen Grundstücke, Meinungsverschiedenheiten über das
Eigentumsrecht an zwei Grundstücken in Berlin und Posen Nr. 103 v. 4. 5. 77 und
Nr. 112 v. 16. 5. 77.
1) Abgedruckt findet sich der Entwurf in der „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 241
v. 14. 10. 76 und in der „Nat.-Ztg.“ Nr. 476 v. 12. 10. 76. Das letztere Blatt
bezeichnete den Entwurf als unannehmbar: „Er bedeutet eine Art von Wiedereinführung
der Diktatur — im Verhältnisse zur Reichsvertretung — nur mit dem doppelten Unter-
schiede, daß Regierung und Bundesrat sich das Feld ihrer alleinigen Thätigkeit nach Gut-
dünken abzustecken und sich hinter der Zustimmung des Landesausschusses zu decken im
stande sind.“
2) Der von den Reichslanden ausgehende Widerspruch gipfelte in der Besorgnis, daß
man ein Ministerium für Elsaß-Lothringen errichten wolle, welches in Berlin seinen Sitz
baben und dem Oberpräsidenten in Straßburg die Möglichkeit erfolgreichen Wirkens
abschneiden würde. Dem gegenüber konstatirte die „Provinzial-Korrespondenz“: „Die
Aufgaben, welche dem Reichskanzler vermöge der nach der Verfassung ihm allein obliegenden
Verantwortlichkeit für die Regierung der Reichslande zufallen, sind bisher unter der
Autorität desselben teilweise vom Reichskanzler-Amt, in einer besonderen Abteilung, unter
einem besonderen Direktor bearbeitet worden, — sie sollen in Zukunft ohne Beteiligung
des Reichskanzler-Amts unter der unmittelbaren Oberleitung des Kanzlers von einem